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Schwierige Gratwanderung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Arbeit adelt. Die Frage ist, wie es dazu kommt. Lohnsteuer-prüfer stufen die Arbeit der Mitarbeiter eines Betriebes mit Vorliebe als Dienstverhältnis ein. Praktiker von der anderen Steuerseite können sich auch andere Rechtsgrundlagen vorstellen. Weshalb immer wieder Streit darüber entsteht, ob es sich um einen echten Dienstvertrag handelt (bei dem der Fiskus ordentlich Lohnabgaben abkassiert) oder um einen echten Werkvertrag, bei dem es um die Einkommensteuer des "Arbeitnehmers" geht. Jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof wieder einmal ein Machtwort gesprochen.


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Das angeblich unwiderlegbare Argument der Finanz leitet sich aus dem berüchtigten §47 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ab, der die Kriterien aufzählt, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen: die Weisungsgebundenheit des Mitarbeiters gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgeber-Betriebes. Der Dienstnehmer schuldet seine Arbeitskraft. Es kann aber auch ganz anders sein, denn nicht jede Unterordnung unter den Willen eines Anderen muss auch schon die Arbeitnehmereigenschaft zur Folge haben. Auch der Unternehmer, der einen Werkvertrag erfüllt, wird sich bei seiner Arbeit zur Einhaltung bestimmter Anweisungen seines Auftraggebers verpflichten müssen.

Das Problem, das letztlich ein hohes steuerliches und damit finanzielles Risiko in sich trägt, heißt also: Ist die Leistung des Mitarbeiters ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag? Die Frage stellt sich vor allem wegen der hohen Lohnnebenkosten, die mit dem Dienstvertrag zusammenhängen: Dienstgeberbeitrag und Kommunalsteuer.

Steuerliche Anweisungen

Die beiden Abgabenpflichten werden derzeit vom Verfas-sungsgerichtshof auf mögliche Rechtswidrigkeit abgeklopft und es spricht viel dafür, dass die Verfassungsschützer gerade in Grenzfällen Bedenken gegen die gesetzlichen Grundlagen haben.

Jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof in einem viel beachteten Erkenntnis einen Teil der Antworten vorweggenommen. Fazit: Es muss nicht immer die angeblich geschuldete Ar-beitskraft sein; das Arbeitsziel kann auch in der Vereinba-rung eines bestimmten Arbeitserfolges liegen, im Fokus auf unkörperliche, ideelle, geistige Werte. An die Stelle des per-sönlichen Weisungsrechts des Arbeitgebers tritt das sachli-che Weisungsrecht des Auftraggebers, mit Unternehmerrisiko des Mitarbeiters, wenn sich Erfolg und Misserfolg der Arbeit unmittelbar auf die Höhe der Arbeitseinkünfte auswirken.

Selbständige Reiseleiter

In seiner soeben veröffentlichten Entscheidung vom 20.Dezember 2000 *) hatte der Gerichtshof die Tätigkeit eines Reiseleiters der Firma Klug-Reisedienst zu beurteilen. Der Veranstalter hatte mit seinem Reiseguide "Werkverträ-ge" abgeschlossen, die - juristisch clever formuliert - die Kriterien eines selbstverantwortlichen, weisungsfreien, un-ternehmerisch tätigen Mitarbeiters erkennen ließen. Der Vertragspunkt, den sich die Finanz herausklaubte, war die Art der Honorarabrechnung (nach Reisetagen) und der dem Reiseleiter zustehende Aufwandsersatz. Im übrigen sei da-von auszugehen, dass der Reiseleiter seine Tätigkeit wohl nur innerhalb der vom Arbeitgeber vorgegebenen Infra-struktur entfalten könne, monierte die Behörde.

Unternehmerrisiko

Das kann's allein nicht sein, setzte das Höchstgericht dage-gen. Denn während der Mann auf Tour ist, agiert er außer-halb der betrieblichen Infrastruktur, ist hinsichtlich aller Ent-scheidungen auf sich gestellt und weder zeitlich noch orga-nisatorisch in den Arbeitgeber-Betrieb eingegliedert. Das einzige worauf es ankommt, ist die ordentliche und pro-grammgemäße Abwicklung der Reise - und dazu schuldet er nicht seine Arbeitskraft sondern eben den Arbeitserfolg. Mit allen Merkmalen eines unternehmerischen Risikos.

Arbeitserfolg als Ziel

Das vom Gerichtshof betonte Streben nach Arbeitserfolg, das aus einem Dienstvertrag einen echten Werkvertrag ma-chen kann, ist nicht neu und war schon 1998 eine höchst-richterliche Aussage mit Sensationswert. Damals ging es um den ausgeklügelten Werkvertrag einer GmbH-Geschäftsführerin, die gleichfalls mit dem Arbeitserfolg als Vertragsziel punktete - und gewann. Der damals vom Gerichtshof in allen Einzelheiten wiedergegebene Geschäftsführer-Werkvertrag dient noch heute manchem Firmenmanager als Orientierungshilfe. Der Reiseleiter-Werkvertrag bietet jetzt eine aktuelle Ergänzung dazu.

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*) VwGH GZ 99/13/0223