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Gewerkschaften wollen durch hohe Lohnabschlüsse Effekte der Preisexplosion abschwächen. Unternehmen appellieren an Gemeinsinn.
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Mit der Forderungsübergabe durch die Arbeitnehmervertreter starten am Montag die Kollektivvertragsverhandlungen der Metaller. "Wir sind zu jedem Abschluss bereit, auch zu einem schnellen - wenn das Angebot gut ist", heißt es aus der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), die mit der Produktionsgewerkschaft Pro-Ge für die rund 137.000 Beschäftigten in 1.200 Unternehmen der Metalltechnischen Industrie Österreichs in den Ring steigt.
Die Branche zahlt nicht schlecht: Der durchschnittliche Bruttolohn eines Arbeiters in der Metalltechnischen Industrie beträgt derzeit 3.353 Euro, das Durchschnittsgehalt bei Angestellten 4.704 Euro. Die meisten Beschäftigten sind der Verwendungsgruppe G zuzurechnen. Dazu zählen Teamleiter oder Facharbeiter mit einer gewissen Mehrverantwortung. Der Mindestlohn/das Mindestgrundgehalt liegt bei 2.089,87 Euro. Das ist deutlich mehr als etwa im Handel, wo seit 1. Jänner der Mindestlohn für Angestellte 1.800 Euro und für Arbeiter 1.700 Euro brutto beträgt. In Stellenanzeigen wird meistens der KV-Mindestlohn angegeben, mit Bereitschaft zur Überzahlung.
Schwierige Ausgangslage
Im Vorfeld der Herbstlohnrunde wurde bereits von beiden Seiten Fairness und Vernunft bei den Lohnabschlüssen eingefordert. Auch hohe Kompromissbereitschaft ist vonnöten, denn die Ausgangslage ist diesmal besonders verzwickt. Die rollierende Inflation der vergangenen zwölf Monate, die als Gesprächsbasis dient, betrug etwas über 6 Prozent. Allerdings hat sich die Teuerung seit Jahresbeginn deutlich beschleunigt und lag im August bereits bei 9,3 Prozent.
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Die Gewerkschaften fordern verständlicherweise einen Reallohnzuwachs, schließlich geht es um die Kaufkraft der arbeitenden Bevölkerung. Gewappnet mit Zahlen zur Branche und zu einzelnen Unternehmen werden Pro-Ge und GPA am Montag um 11 Uhr in der Wirtschaftskammer den Arbeitgeber-Vertretern gegenübersitzen. Die Lohnforderung wird ausgesprochen, es folgen Wirtschaftsgespräche. Die erste Verhandlungsrunde, wo es dann wirklich ans Eingemachte geht, findet am 3. Oktober statt.
Für Benjamin Bittschi, Lohnexperte des Wifo, ist die Forderung nach Reallohnerhöhungen nachvollziehbar, zumal die Beschäftigten in Österreich heuer quasi "in Vorleistung" gegangen seien, wie er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sagte. Wegen der hohen Inflation dürfte es heuer nämlich zu einem Reallohnverlust von rund 4 Prozent kommen.
In der jüngeren Vergangenheit gab es immer wieder Reallohneinbußen, allerdings waren sie noch nie so ausgeprägt wie jetzt. So stiegen die Bruttolöhne im Jahr 2017 nominell um 1,6 Prozent, die Verbraucherpreise allerdings um 2,1 Prozent. In Wirklichkeit gingen die Reallöhne daher um 0,5 Prozent zurück.
Die Arbeitgeberseite pocht darauf, dass sie die momentanen Krisen - Preisexplosion, stockende Lieferketten, geopolitische Unsicherheiten - nicht alleine meistern wird können und verweist auf die Anti-Teuerungsmaßnahmen der Bundesregierung.
Verhaltene Erwartungen
Fast 60 Prozent der Unternehmen der Metalltechnischen Industrie halten in den nächsten Monaten einen substanziellen Einbruch der Produktion für wahrscheinlich. Für das Gesamtjahr 2022 erwarten die Unternehmen im Schnitt ein Plus von rund 5 Prozent. Das Vorjahr ist sehr gut gelaufen: Der Produktionswert der Branche stieg real um 18 Prozent auf 43,8 Milliarden Euro. Im Jahr 2020 hatte es einen Rückgang um 9,6 Prozent auf 36,3 Milliarden Euro gegeben.
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