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Schwierigkeiten bei der Lobbying-Transparenz

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Anwälte und Think Tanks kaum vertreten. | Österreichische Lobbyisten zögern. | Brüssel. 2114 Einträge verzeichnete das Lobbying-Register der EU-Kommission bis gestern, Dienstag. "Ein politischer Erfolg", freut sich Verwaltungskommissar Siim Kallas, der das Projekt ins Leben gerufen hat.


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Damit wollte er klarer machen, wer auf die Entscheidungen und Gesetzgebungsprozesse der EU Einfluss nimmt. Bis zu 15.000 hauptberufliche Lobbyisten sollen die EU-Institutionen in Brüssel im Fokus haben.

Die Eintragung ins Register erfolgt freiwillig, die Kommissionsbeamten werden jedoch angewiesen, das Verzeichnis als Referenz heranzuziehen, wenn sie von Lobbyisten kontaktiert werden. Wer sich künftig jedoch nicht registriere, erwecke den Eindruck, etwas zu verbergen, so Kallas. Verpflichtend solle das Register jedoch nicht werden. Eine Einigung unter den 27 Mitgliedsländern würde zu lange dauern, fürchtet er.

Um Kinderkrankheiten auszuräumen, soll das Register jetzt überarbeitet werden. Denn bisher haben sich erst elf Anwaltskanzleien und 56 Think Tanks eintragen lassen. Darüber hinaus hat es immer wieder Pannen bei der korrekten Auspreisung der für Lobbying verwendeten finanziellen Mittel gegeben. Daher stellt die Kommission jetzt klar, dass wirklich "alle Ausgaben, die Einfluss auf die Politikgestaltung und Entscheidungsprozesse der EU zum Ziel haben", angeführt werden müssen.

Mandaten nicht genannt

Am meisten Aufsehen erregte der Fall des Europäischen Dachverbands der Chemieindustrie Cefic, der 50.000 Euro pro Jahr für Lobbying ausgegeben haben wollte und für diese offensichtliche Fehleinschätzung im Sommer ausgelistet wurde. Inzwischen wurde nachgerechnet: 4 Millionen Euro lautet das Budget für die Brüsseler Interessensvertretung seit der Neueintragung im September.

Offen bleibt, ob die Zugeständnisse an Anwälte und Think Tanks Auswirkung zeigen. Denn etwa deutsche, britische und in Belgien niedergelassene Anwälte dürfen ihre Mandaten und die für sie unternommenen Tätigkeiten nicht preisgeben, heißt es.

Das dürfte weiterhin auch für die jetzt als Eintragungsgrund festgelegten "beratenden Gesetzgebungstätigkeiten" gelten, wie Lobbying bei den Anwälten heißt. Manche Think Tanks wie das Centre for European Policy Studies wollen zudem nicht als Lobbyisten qualifiziert werden. Immerhin will Kallas jetzt eine eigene Rubrik für sie im Register schaffen.

Unzufrieden mit den Überarbeitungsvorschlägen der Kommission zeigten sich auch EU-Parlamentarier, mit denen Kallas nächste Woche über die Etablierung eines gemeinsamen Registers verhandeln möchte. Das Parlament hat bisher ein eigenes Verzeichnis, in dem knapp 4300 Einzellobbyisten namentlich erfasst sind und dafür Zugangsausweise für die Parlamentsgebäude erhalten. "Das EU-Register für Interessensvertreter muss verpflichtend werden", forderte der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. Die freiwillige Registrierung lasse zu viele Lücken zu.

Tatsächlich haben sich auch viele österreichische Interessensvertreter noch nicht eintragen lassen, die in Brüssel mit eigenen Büros vertreten sind. Bloß AK, IV, Landwirtschaftskammer, Notariatskammer und OMV waren bis Dienstagnachmittag zu finden. ÖGB, WKO oder etwa die Rechtsanwaltskammer fehlen.

http://europa.eu/lobbyists/interest_representative_registers/index_en.html