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Jetzt haben sie wieder Saison: Zehntausenden Kleinkindern werden Plastikhilfen auf die Oberarme verpasst, mit denen man gar nicht richtig schwimmen kann. Aber diese sollen ja bloß die glücklich strampelnden Buzzis an heißen Tagen sicher an der Wasseroberfläche tragen und halten. Eine Spitzensportlerin prüfte einschlägige Produkte.
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Mirna Jukic ist Österreichs erfolgreichste Schwimmerin. Vierfache Europameisterin auf ihrer Spezialdistanz 200 Meter Brustschimmen, Gewinnerin der Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft 2005 und große Olympiahoffnung in Peking 2008. Für dieses Ziel wirft sich die nunmehr 21-Jährige täglich in die Fluten. Gute 60 Kilometer quält sie sich jede Woche im Training ab. Für Landratten eine unglaubliche Distanz. Oder können Sie sich vorstellen, Woche für Woche so nebenbei in einem gedachten Kanal von Wien bis St. Pölten zu schwimmen?
Jukic tut das also. Dabei singt sie ihre Lieblingslieder unter Wasser, zählt die Längen, denkt nach, worüber junge Frauen in diesem Alter so nachdenken, träumt vom Stadtbummel und lustigen Shopping-Touren mit den Freundinnen. Sie ist vergnügt, heiter und dennoch ernst und vor allem sehr diszipliniert. Den Sport verliert sie nie aus dem Bewusstsein: "Du musst deinen Körper kennen und darfst dich von Gefühlen nicht täuschen lassen", erklärt sie wiederholt. Das gelte vor allem für den Wettkampf: "Wenn du aus dem Startraum hinausgehst, ist alles um dich weg. Da gibt´s nur mehr Konzentration, dich und deine Bahn." Im Becken, wo man beim Brustschwimmen die Rivalinnen kaum sieht, "musst du dir und deinem Körper selber treu bleiben. Der einzige Gegner ist die Zeit."
Mirna trainiert härter als je zuvor. "Gemma Mirna!", so feuert sie sich selbst immer lautstark am Startsockel an. Wegen eines Drüsenfiebers hatte sie im Vorjahr acht Monate lang einen Totalausfall. Das ließ die ehrgeizige und kämpferische Schwimmerin nahezu verzweifeln. "Gemma Mirna!" half ihr da durch. Und das innere "Gemma Mirna" brachte sie vom Krankenbett wieder an die Weltspitze. Jetzt konzentriert sie sich auf den Schwimmerolymp in Peking 2008. "Ich glaube an mich", sagt sie heute wieder. Und: "Ich will in China um eine Medaille kämpfen."
Das tut sie für sich und für Österreich. Denn die gebürtige Kroatin weiß, wem sie was schuldig ist. Als 14-jährige wurde sie mitsamt Trainervater und älterem Bruder Dinko als Staatsnotwendigkeit per Sonderbeschluss der österreichischen Regierung eingebürgert. Sie sollte Zug-(Wasser)pferdchen für den damals dahingrundelnden heimischen Schwimmsport fungieren. "Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich dieses Vertrauen bekommen habe", sagt sie heute. Mirna weiß, was insbesondere der Boulevard von ihr erwartet: "Ich tue alles, trainiere brav und versuche, mich mit meinen Erfolgen zu bedanken."
Dass sie als Doppelstaatsbürgerin mit Herz ihre eigentliche Herkunft weder leugnen noch abschütteln will, schafft hin und wieder Konflikte: So wurde sie angefeindet, weil sie nach einem kroatischen Daviscup-Sieg beim Tennis im österreichischen Fernsehen begeistert applaudierend gesichtet wurde. Heimische Kleinformate würden ihr so etwas gerne austreiben. Mirna lernt da blitzschnell ihre Lektion. Heute antwortet sie mit in vifem Sportsgeist und intelligenter Diplomatie: "Der Beste soll gewinnen. Ich freue mich als Sportlerin über jeden fairen Sieger, damit mache ich doch den Verlierer nicht schlecht!"
Ihr Coming-Out als Wasserratte hatte sie als Kleinkind im 18 Grad kalten Plitvicer See. Einmal Schwimmflügerl auf den Armen wollte sie nicht mehr an Land. So begann eine Weltkarriere als Klasseschwimmerin. Daran wollten wir psycho-analytisch mit Hilfe eines Schwimmflügerl-Tests anknüpfen. Statt Plivic Wien Ober-St-Veit, statt dem See ein privates Schwimmbecken, aber immerhin: Auch das hatte zum Zeitpunkt des Tests nur 18 Grad. Also ideale Bedingungen für ein echtes Déjá-vu, mit zwei alten Knackern in Form eines Reporters und eines Fotografen am Schwimmbeckenrand, die immer alles besser zu wissen glaubten.
Beurteilungskriterien. Doch Mirna (auf Deutsch: die Ruhige) macht souveräne Miene zum kalten Wasserspiel, nicht ohne aber gewissenhaft-professionell die Nennung ihrer Sponsoren Superfund und Speedor einzufordern. Folgende Testkriterien wurden zuvor von Mirna Jukic bestimmt und mit Schulnoten zensuriert:
Produktinformation: Schwimmflügerl, die Anleitungen in Kroatisch, Deutsch und Englisch und noch mehr Sprachen aufwiesen, bekamen für multikulturelle Aspekte höhere Noten. Erwartet wurden von Jukic: Nachvollziehbare Alters- und Gewichtskriterien für Mini-Wasserratten. Vor allem musste das ganze aber auch noch gut leserlich sein.
Ventilqualität: Wie leicht lassen sich die Flügerl aufblasen, wie dicht sind die Ventile, gibt es Sicherheitsmechanismen, die ein plötzliches Austreten von Luft verhindern?
Passform: Wie leicht oder schwer lassen sich die Dinger anziehen? Wie liegen sie auf der Haut?
Strapazprüfung: Die Plastikflügerl mussten Torturen mit Fingernägeln, einem großen Eisennagel, Reissen und "draufsetzen" überleben.
Zusammenfassung. Ursprünglich wollten wir die Brustschwimmerin bitten, zu prüfen, mit wie viel Atemzügen sie je ein Flügerl aufblasen kann. Nachdem Mirna Jukic für alle Produkte lediglich einen einzigen Atemzug brauchte, nahmen wir von diesem Testkriterium Abstand. Für unsere Leser könnte diese Übung aber Vorsorgecharakter haben: Sollten Sie für das Aufblasen einer Luftkammer der Flügerl mehr als einen Atemzug brauchen, stellen Sie bitte sofort das Rauchen ein, oder beginnen Sie mit ordentlichem Brustschwimmen.
Warum Instrumente Schwimmflügerl heißen, mit denen man weder schwimmen noch fliegen kann, weiß vielleicht der liebe Gott. Mirna Jukic erwies sich mitsamt den Flügerln jedenfalls als wahres Gedulds-Engerl. Ihre Versuche, mit den Plastik-Hilfen in Form von Schwimm-Tempos weiter zu kommen, ersparte ihr eine Trainingseinheit mit anderen Erschwernissen. Als tragfähig erwiesen sich die Flügerl aber allemal. Auch bei der Reißfestigkeit kann man gut auf sie vertrauen. Und was die Passform betrifft: Chic ist diese Dame wohl auch in Kartoffelsäcken!
Mirna Jukic durfte in schon üblicher Tradition dieser Testreihe alle geprüften Schwimmflügerl behalten. Die überlebten nämlich alle Torturen und werden jetzt wohl außer Landes gebracht. Die viel geliebten kleinen Cousins, Nichten und Neffen in Kroatien warten wohl schon auf ihre "große Tante Mirna", um es ihr nach ersten Paddelversuchen vielleicht auch einmal im Schwimmen gleich zu tun. Dann ist wohl auch schon Kroatien in der EU und vielleicht werden im Sinne des Sports neue Grenzen gesprengt. Also in diesem Sinne: "Gemma Mirna!"
einzelergebnis
1. Platz: Gesamtnote 1
Bema, Euro 7,59
Produktinfo 1, Ventil 1, Passform 1,
Strapaz 1
2. Platz: Gesamtnote 2
Royalbeach, Euro 1,75
Produktinfo 2, Ventil 2, Passform 2,
Strapaz 2
3. Platz: Gesamtnote 2,75
Bestway/Surf&Sun, Euro 1,49
Produktinfo 3, Ventil 3, Passform 3,
Strapaz 2