Eingeschränkte Möglichkeiten für Vorsitzland. | Debatten über Verfassung und Erweiterung stehen an. | Wien. Ein Fest wird es diesmal nicht geben. War noch vor siebeneinhalb Jahren die Bevölkerung eingeladen, den Auftakt zur österreichischen Ratspräsidentschaft auf dem Heldenplatz mitzufeiern, ist dies nun nicht vorgesehen. Die Arbeit steht im Vordergrund, heißt es aus dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium.
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Am 1. Jänner übernimmt Österreich zum zweiten Mal für sechs Monate den EU-Ratsvorsitz. In dieser Zeit werden Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Außenministerin Ursula Plassnik sowie die anderen Regierungsmitglieder Gesicht und Stimme Europas. Sie vertreten die EU nach außen und müssen gemeinsam mit den 24 anderen Mitgliedsstaaten sowie EU-Kommission und -Parlament Kompromisse ausloten. Es ist nicht viel mehr - aber auch nicht weniger, was die Aufgabe des jeweiligen Vorsitzlandes ist.
Themenkarussell dreht sich weiter
Die Möglichkeiten sind nämlich beschränkt: Für eigene Schwerpunkte bleibt in einem halben Jahr kaum Zeit. Vielmehr dreht sich das Themenkarussell weiter. Wie kann Europa wettbewerbsfähiger gemacht werden? Wie geht es mit der Erweiterung, mit der EU-Verfassung weiter? Was bleibt von der Dienstleistungsrichtlinie? Den Fragen, die zuvor schon die Vorsitzländer Großbritannien und Luxemburg beschäftigt hatten, muss sich nun auch Österreich stellen. Ob es Antworten darauf findet, bleibt offen.
So will Außenministerin Plassnik "überzogenen Erwartungen" entgegenwirken. "Wir sind keine Wunderheiler", erklärte sie. Dennoch wolle die Regierung in Wien Europa mehr Schwung und der Bevölkerung mehr Vertrauen in die EU geben.
Letzteres tut gerade in Österreich not. In keinem anderen Mitgliedsland ist nämlich die Zustimmung zur Europäischen Union so gering, nirgends wird die nächste Erweiterung so massiv abgelehnt wie hier. Nur wenig positiver ist übrigens die Einstellung der Bevölkerung Finnlands, das den EU-Ratsvorsitz nach Österreich übernimmt - und mit diesem ein gemeinsames Programm vorgestellt hat.
Auf der anderen Seite wird kleinen Ländern oft nachgesagt, dass sie besser als größere in die Vermittlerrolle schlüpfen können, die die Ratspräsidentschaft erfordert. So wird Österreich - dem fünftreichsten Land in der EU mit einer gesunden Wirtschaft und relativ hohen Sozialstandards - zugetraut, die Lissabon-Agenda, die das Wirtschaftswachstum der EU ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen soll, wiederzubeleben.
Wahlen verzögern Entscheidungen
Ob es dies beim Ratifizierungsprozess für die EU-Verfassung schafft, ist hingegen unklar. Nach der Ablehnung des Vertragswerks in Frankreich und den Niederlanden haben sich die Staats- und Regierungschefs eine "Denkpause" verordnet. Diese müsste im kommenden Halbjahr zu Ende sein. Doch stehen im Jahr 2007 Wahlen in den beiden Ländern an, die die Verfassung abgelehnt hatten. Dass die Regierungen davor massiv für das Dokument werben, ist daher unwahrscheinlich.
Ein Thema, das Schüssel und Plassnik selbst am Herzen liegt, ist die Erweiterung - auch wenn die Sympathie nicht auf alle Beitrittskandidaten gleich verteilt wird. Während eine mögliche EU-Mitgliedschaft der Türkei mit Skepsis beurteilt wird, ist das Engagement für die Länder des Westbalkans weit größer. Zagreb liegt Wien näher als Istanbul.
Siehe auch:Mühlstein oder Rückenwind?Hohe Diplomatie und viel PapierkriegArbeitsteilung in einer Symbiose