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Es kriselt bei den Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ in Niederösterreich.
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Der einen Seite fehle es an Ernsthaftigkeit, der anderen an Einsicht. Gut zwei Wochen, bevor der niederösterreichische Landtag am 23. März zu einer konstituierenden Sitzung zusammentritt und eine neue Landesregierung angeloben wird, scheint eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und SPÖ alles andere als selbstverständlich. Dabei galt eine solche als wahrscheinlich, nachdem die mächtige ÖVP Niederösterreich Ende Jänner ihre hauchdünne absolute Mehrheit bei der Landtagswahl eingebüßt hatte.
Doch nun erweisen sich die Verhandlungen als zäh, ÖVP und SPÖ machten ihrem Ärger und Unverständnis über den jeweils anderen zuletzt via Presseaussendungen Luft. Am Donnerstag steht nun ein weiterer Verhandlungstag an. Ob darauf noch weitere folgen sollen oder die Gespräche möglicherweise abgebrochen werden, ließen die Parteien am Mittwoch noch offen. Man sei optimistisch, dass es noch zu einer Einigung kommen könnte, hieß es aus der SPÖ. Allerdings "nicht zu jedem Preis". Auch in der ÖVP sei man nach wie vor "gesprächsbereit". Sollten sich die "konstruktiven Kräfte in der SPÖ" durchsetzen, sei eine Zusammenarbeit noch zu erreichen.
ÖVP ist wegen SPÖ-Forderungen verärgert
Doch gleichzeitig zeigt man sich vom jeweils anderen enttäuscht. Die ÖVP habe sich insbesondere in den ersten Verhandlungsrunden verhalten, als habe sie nach wie vor die absolute Mehrheit im schwarzen Kernland und sei der Meinung gewesen, sie könne weitermachen wie bisher, bekrittelt man in der SPÖ. Inhaltliches sei deshalb in den Verhandlungen noch zu wenig zur Sprache gekommen. Dass sich die ÖVP nun laut eigenen Angaben vermehrt auf Inhalte konzentrieren wolle, begrüße man aber von roter Seite, hieß es.
In der ÖVP zeigt man sich insbesondere pikiert über eine Liste von sechs Punkten, die der designierte SPÖ-Landeschef Sven Hergovich am Freitag als Bedingungen für eine Zusammenarbeit präsentiert hatte - ausgerechnet am Vormittag nach einem konstruktiven Verhandlungstag, betont man in der ÖVP.
Konkret fordert die SPÖ eine kostenlose Ganztagsbetreuung im Kindergarten, einen Deckel auf Heizkosten, eine Anstellung pflegender Angehöriger beim Land, eine Strukturoffensive in vernachlässigten Regionen und eine Jobgarantie für Langzeitarbeitslose. Vorbild für letzteren Punkt soll ein Pilotprojekt sein, das das AMS Niederösterreich - damals unter Hergovichs Führung - in Gramatneusiedl umgesetzt hatte. Der sechste Punkt ist ein "umfassendes Demokratisierungspaket"; die Regierungsmitglieder müssten eine Personal- und Budgethoheit in ihrem Zuständigkeitsbereich ausüben dürfen.
Die ÖVP reagierte verschnupft auf die Liste des Verhandlungspartners, Inhaltliches sollte man am Verhandlungstisch und nicht öffentlich diskutieren, hieß es zur "Wiener Zeitung". ÖVP-Chefverhandler Jochen Danninger warf der SPÖ sogar mangelnde "Ernsthaftigkeit" vor. Die SPÖ baue Hürden auf, die für die ÖVP nicht überwindbar seien, "um es sich dann in der Opposition einzurichten".
Am Mittwoch rief dann ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner dazu auf, bei den Verhandlungen das "Interesse des Landes" über "persönliche Befindlichkeiten" zu stellen. Ihre Partei strebe weiterhin Arbeitsübereinkommen mit allen Regierungsparteien, also SPÖ und FPÖ an.
Proporzsystem regelt Regierungskonstellation
Denn welche Parteien in der Landesregierung vertreten sein werden, steht bereits fest. Niederösterreich und Oberösterreich halten als letzte Bundesländer an einem Proporzsystem fest, wonach jede Partei ab einem gewissen Stimmenanteil in der Landesregierung vertreten ist. Diese Hürde haben ÖVP, SPÖ und FPÖ überschritten, Grüne und Neos sitzen nicht in der Landesregierung, sehr wohl aber im Landtag.
Bei den Gesprächen handelt es sich also um keine Koalitionsverhandlungen im eigentlichen Sinn. Einerseits geht es um die Ressortverteilung, andererseits um Arbeitsübereinkommen - theoretisch wäre aber auch ein "freies Spiel der Kräfte" in der Proporzregierung möglich.