Journalismus lebt. Sein Herz wird angeschlagen von Menschen, die anderen Menschen etwas sagen wollen. Er lebt von der zwischenmenschlichen Berührung, vom Gespür, von dem sich Einlassen auf andere. Das braucht Zeit. Zeit, die angesichts von Informationsflut und technologischer Anforderungen, die an Journalisten gestellt werden, oft nicht mehr da ist.
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Das ist Quatsch? Als solchen bezeichnete zumindest Peter Hogenkamp, Leiter Digitale Medien der NZZ-Mediengruppe, die Informationsflut bei einer Podiumsdiskussion. Während er sein iPhone spielerisch mit seinen Fingern drehte, erzählte er eine Anekdote aus seinem Leben. Kürzlich war er auf den Kopf gefallen. Er blutete sehr stark und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Im Krankenwagen twitterte er, was das Zeug hielt, und teilte Bekannten und Unbekannten sein Leiden mit. Die Folge: Eine Flut von Mitleidsbekundungen. Etwas berauscht von den zahlreichen virtuellen Besserungswünschen kam er zuhause an und erwartete sich die gleiche Anteilnahme von seiner Familie. Doch nicht die Spur von Empathie. Weder Schwiegermutter noch seine Partnerin ließen Anteilnahme erkennen.
Für Hogenkamp hat die virtuelle Welt nur Vorteile. Aber was ist der Preis? Das Auslagern von Menschlichkeit und Berührung an ein anonymes Netzwerk. Und die reale zwischenmenschliche Beziehung bleibt auf der Strecke.