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Segen oder Fluch für Ärmere?

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

Während Befürworter der Handelsliberalisierung deren Vorteile für Entwicklungsländer betonen, sehen Kritiker das anders: "Viele Zusagen, die den Entwicklungsländern gemacht wurden, wurden nicht erfüllt", sagt etwa Kunibert Raffer vom Institut für Wirtschaftswissenschaften der Uni Wien.


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"Die Länder des "Nordens" blockieren von Entwicklungsländern eingemahnte Änderungen, etwa bei TRIPS", meint Raffer gegenüber der "Wiener Zeitung". TRIPS (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum) umfasst sieben Teilbereiche, darunter auch "Patente" für die Erfindung von Produkten wie Medikamente.

Die von der WTO zuletzt beschlossene Aufweichung des Patentschutzes soll es Entwicklungsländern ermöglichen, leichter an Generika, also "kopierte" Ursprungsmedikamente, zu kommen. Bisher war die Herstellung von Generika nicht geregelt, nun muss die hiesige Produktion zu 51% oder mehr im jeweiligen Land verbraucht werden, und zwar bei Industriestaaten bis 2005 und in Entwicklungsländern bis 2016. Eine als "sehr positiv zu bewertende Entwicklung", wie Wirtschaftsminister Martin Bartenstein zuletzt betonte. WTO-Kritiker sehen dadurch jedoch auch Nachteile für ärmere Staaten: Durch die Neuregelung werde nämlich nicht nur die Gesamtproduktion an Generika, sondern automatisch auch die Einnahmen aus dem Export der Billigmedikamente reduziert. Außerdem werde es für viele Länder wie etwa Botswana und Malawi, die auf den Import von Generika angewiesen sind, nun schwieriger, diese zu beschaffen, befürchtet Franz Neunteufl, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Österreich. "Zudem können die Preise hochgehalten werden, wenn die Produktion gedrosselt wird", so Neunteufl. Eine Harmonisierung ist jedoch nicht in Sicht, weil TRIPS in Cancun gar nicht auf der Tagesordnung steht.

Negatives Beispiel Mexiko

Dass WTO-Abkommen nicht zwangsläufig Verbesserungen für alle Staaten mit sich gebracht haben, scheint sich auch am Beispiel Mexiko zu zeigen. Sein WTO-Beitritt 1986 habe dem Land negative wirtschaftliche und soziale Entwicklung gebracht, meint Christof Parnreiter von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Vor allem die indigene Bevölkerung, für die Mais das Grundnahrungsmittel bedeutet, sei betroffen. Nur für den Eigenbedarf zu produzieren, klinge zwar sympathisch, bringe aber kein Geld: Mit Mais sei nichts zu verdienen, weil Billigimporte aus den USA den mexikanischen Bauern keine Chance ließen.