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"Sehe keinen Regressanspruch"

Von Christian Rösner

Politik

Anwältin sieht wenig Chancen, dass "Pizzeria Anarchia"-Eigentümer Polizeieinsatz bezahlen muss.


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Wien. Anlässlich der Causa "Pizzeria Anarchia" wird nun auf allen Ebenen heftig darüber diskutiert, was man gegen jene Immobilienspekulanten machen kann, die versuchen, Altmieter aus ihren Häusern zu ekeln. Und noch immer ist die Frage offen, ob denn nun die Steuerzahler die Räumung des Hauses tragen müssen oder ob der Hauseigentümer dafür belangt werden kann. Schließlich habe er sich die Punks selbst ins Haus geholt und sie ein halbes Jahr dort wohnen lassen - in der Hoffnung, diese würden die Altmieter vertreiben, argumentiert der Präsident der Wiener Mietervereinigung, Georg Niedermühlbichler (SPÖ).

Er glaubt, dass ein Regress gegenüber dem Hauseigentümer geltend gemacht werden kann - die "Wiener Zeitung" hat darüber berichtet - und fordert eine juristische Prüfung. Von juristischer Seite wird allerdings ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch stark bezweifelt. Schließlich würden die dazu notwendigen Voraussetzungen - kausal verursachter Schaden, rechtswidriges Verhalten, Fahrlässigkeit oder Vorsatz und vorsätzlich sittenwidriges Verhalten und Verschulden - nicht vorliegen. "Es mangelt schon an einem rechtswidrigen Verhalten der Eigentümer", erklärt etwa Lisa-Maria Fidesser von der Rechtsanwaltskanzlei Preslmayr.

Niedermühlbichler stütze seine Forderung darauf, dass der Eigentümer der Liegenschaft in der Mühlfeldgasse 12 die Situation gezielt herbeigeführt habe: Zuerst hat er sich Aktivisten ins Haus geholt und dann wollte er sie mithilfe der Polizei wieder loswerden. "So einfach ist dies aber nicht: Der Eigentümer beantragt die Delogierung, die das Gericht bewilligt. Dann kommt der Gerichtsvollzieher und stößt auf Widerstand, weshalb er um Unterstützung der Polizei ersucht. Allerdings bestimmt nicht der Gerichtsvollzieher den Umfang der Unterstützung, sondern die Polizei selbst. Eine entscheidende Frage ist hier: Was wurde vom Eigentümer selbst kausal verursacht?" Denn laut Fidesser hat der Eigentümer nur eine Delogierung beantragt, nicht aber den Einsatz von 1700 Polizisten. Die Beantragung einer Delogierung sei aber nicht rechtswidrig, unabhängig davon, welche Gründe der Vermieter für den Abschluss des Mietvertrages hatte.

Zwar müsse der Eigentümer bei einer Delogierung vorerst für den Schlosser aufkommen, der die Wohnung öffnet sowie für eine allfällige Entrümpelung bzw. Lagerung der Möbel. "Aber für die Kosten des Assistenzeinsatzes der Polizei, den der Gerichtsvollzieher ausgelöst hat, gibt es keine Rechtsgrundlage", so die Rechtsexpertin. Dass sich die Mietervereinigung an dieser Stelle auf die Blaulichtsteuer beruft, lässt Fidesser nicht gelten: "Die Blaulichtsteuer ist in der Straßenverkehrsordnung §4 Absatz 5b geregelt. Im Delogierungsverfahren gibt es keine entsprechende gesetzliche Regelung. Also kann sich eine Regressforderung nur auf das allgemeine Zivilrecht stützen, was sich aber aus bereits genannten Gründen schwierig gestaltet."

Vorschlag Ethikkommission

Unterdessen hat der grüne Stadtplanungssprecher Christoph Chorherr die Gründung einer Ethikkommission der Immobilienwirtschaft vorgeschlagen, deren Aussagen - ähnlich dem Presserat - zwar keine rechtlichen Konsequenzen, aber dafür öffentliche Relevanz hätten. Dieser Vorschlag wurde sowohl von SPÖ als auch von ÖVP begrüßt. Allerdings werde man Spekulationen nicht durch "schöne Worte und neue Regulierungen" verhindern, gab Landesparteiobmann Manfred Juraczka (ÖVP) zu bedenken.