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Sehnsuchtsorte und Skandale

Von Gerald Schmickl

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Die kurze Pause der Fußball-WM ermöglichte einem zuletzt wieder eine andere vormittägliche Gestaltung, z. B. Radio hören. So konnte man sich von der Literaturwissenschaftlerin Gisela Steinlechner in der Sendung "Aus dem Leben der Natur" (5 vor 9 auf Ö1) in "Sehnsuchtsorte und Zauberreiche" entführen lassen, als welche Dichter Gärten vielfach beschrieben haben. Vom streng geordneten Barockgarten bis zu verwilderten Anlagen späterer Tage durchstreiften Schriftsteller die grünen Zufluchtsorte und Illusionsräume, die Gärten nicht nur künstlerisch inspirierter Fantasie eröffnen. Steinlechner (die im heutigen "EXTRA" über "Gärten der Kindheit" schreibt) zupfte in kleinen kundigen Essays die Blüten und auch Dornen aus den literarischen Gärtlein der Dichter.

Danach der "Skandal" im "Radiokolleg". Wie ein solcher entsteht und wie er inszeniert wird, sei es in der Politik (AKH, Lucona) oder in der Kunst (Nitsch, Kolig), stand im Mittelpunkt einer vierteiligen Reihe. Die Hauptschuldigen waren schnell ausgemacht: die Medien. Sie sind die Regisseure, die das beliebte Spiel in Gang setzen. Interessanter wäre freilich gewesen, auf welche kollektiven Gefühle solche Inszenierungen angewiesen sind, um überhaupt als Skandaltheater aufgeführt werden zu können. Außerdem mutet es immer etwas seltsam an, wenn Medien Medien entlarven. Ö1 ist schließlich auch ein Medium (dank erfreulich hoher Hörerzahlen sogar fast ein Massenmedium), das sich auf diese Art gerne ein wenig selbst erhöht, zum didaktischen Aufklärer. Das ist zwar kein Skandal, aber letztlich auch eine bemühte Inszenierung.