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"Frau Kollegin, wollen Sie mit mir Kasperl spielen?" So einen Anbahnungsspruch hört man heute nur noch selten. Ende der 40er zeitigte er in einem Fall nachhaltige Folgen: Als Volksschullehrer Hans Kraus ihn zu seiner späteren Frau Marianne gesagt hat. Dieser Verbindung entsprangen der Kasperl und sein Kumpan Pezi, unerschrockene Bannerträger der Kinder-Unterhaltung in der Urania. Ihnen und ihren surrealen Abenteuern mit dem kess-poussierenden Drachen Dagobert verdankt die österreichische Sprache die universal einsetzbare Wendung "Krawuzikapuzi". Ein solches entfuhr vielen, als der Direktor, Manfred Müller am Sonntag bekanntgab, dass das Traditionspuppentheater in seinem 68. Jahr zusperren wird. Müller will in Pension gehen, ein Nachfolger, der das ganze Theater kauft, ist nicht in Sicht. Nun ist dem Mann sein Ruhestand zu vergönnen, aber: Das geht nicht!Gerade in einer Zeit, da Kinder ihre Kultur-"Sozialisation" nur noch wischend auf einem Bildschirm erleben, wäre ein fürwitziger Bär mit, naja, meist gewählter Sprache und in Gesellschaft eines Mannes mit kurioser Kopfbedeckung wichtiger denn je. Das Urania Puppentheater war immer stolz darauf, keine Subventionen zu bekommen. Vielleicht wäre es an der Zeit, dass die Fördergeber den Ernst der Lage erkennen - falls es nicht ein privater Investor noch rechtzeitig tut - und diese Wiener Institution retten. Den intellektuellen Anspruch etwa eines üppig subventionierten Gloria Theaters erfüllen Kasperl und Pezi allemal. Und Dagobert sagt dann auch ganz verführerisch: "Bussi, Bussi."