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Seidenstraßenträume der Bauindustrie

Von Herbert Peherstorfer

Gastkommentare
© Miriam Schwaer

Mehrere Gründe sprechen dagegen, die geplante Breitspurstrecke von Kosice nach Parndorf oder irgendwohin nach Niederösterreich zu führen.


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Der jüngste Beitrag "Parndorf will nicht Peking werden" in der "Wiener Zeitung" zeigte mehrere, aber nicht alle Facetten auf, die das Projekt der Breitspurstrecke von Kosice nach Österreich (sei es Parndorf, sei es irgendwo in Niederösterreich) im Rahmen der von China vorangetriebenen neuen Seidenstraße fragwürdig erscheinen lassen. Es gilt nämlich auch einige weitere zu beachten:

Derzeit erfolgt die Umladung der Güter in Tschop (Ukraine) beziehungsweise Cierna nad Tisou (Slowakei), wobei deren Ausbau geplant ist. Die Löhne und damit die Umschlagkosten sind dort weit niedriger, als sie in Österreich wären. Zudem sind die notwendigen Arbeitskräfte in Österreich bereits jetzt rar.

Die geplante Breitspurstrecke führt großteils durch gebirgiges Gelände mit dadurch hohen Kosten. Daher ist sie nur einspurig geplant und verfügt dadurch nur über beschränkte Kapazitäten.

Die Export- und Importströme
sind sehr unterschiedlich. Für eine rentable Bahnverbindung auf einer reinen Güterverkehrsstrecke wäre jedoch eine "Paarigkeit" - also etwa gleich viele Transporte in beiden Richtungen - erforderlich. Die Betuwe-Route vom niederländischen Hafen Rotterdam nach Deutschland zeigt diese Problematik auf: Sie wird nach mehr als zehn Jahren noch immer nicht ausreichend angenommen.

Die europäischen Industriegebiete liegen wesentlich weiter nordwestlich, sodass eine Leitung über den Raum Wien einen Umweg bedeuten würde. Wesentlich günstiger steht dafür die Route über Polen (Malasewice, das bereits ausgebaut wird) durch flache Landschaften zur Verfügung.

Neben dem kleinen österreichischen Markt wäre nur der norditalienische Wirtschaftsraum sinnvoll über Österreich anzubinden, wobei zu beachten ist, dass dies auch in den beiden bestehenden Wiener Umschlagterminals erfolgen könnte, die noch über genügend Kapazitäten verfügen. Allerdings hat China hier schon mit seinem Engagement im Hafen Triest eher maritime Weichenstellungen eingeleitet, wobei der Seetransport wesentlich größere Kapazitäten aufweist.

Die ständige Betonung beim Breitspurprojekt, dass in Österreich eine gute Straßenanbindung erforderlich sei, lässt befürchten, dass kein Umschlag auf die Normalspurschiene, sondern auf die Straße erfolgen soll und damit keine umweltverträgliche Weiterbeförderung gegeben wäre. Diese Art der Wertschöpfung in Österreich ist jedoch klimapolitisch sehr fraglich, ebenso wie die Versiegelung von Böden durch die Anlage eines riesigen weiteren Umschlagsterminals.

Als Fazit bleibt festzustellen, dass die Breitspurstrecke mit Kosten von 1,3 Milliarden Euro allein für die kurze österreichische Strecke vor allem für die Bauwirtschaft von Interesse ist, die offenbar Anschlussaufträge nach Fertigstellung der großen Tunnelprojekte (Koralm, Brenner, Semmering) benötigt. Dass dabei wiederum Volksvermögen verschleudert und zudem ein - in jüngster Zeit nicht so gern gesehenes - chinesisches Engagement in der österreichischen Wirtschaft gefördert wird, bleibt unberücksichtigt.

Herbert Peherstorfer war mehr als zwei Jahrzehnte im Kombinierten Güterverkehr tätig und zuletzt zwölf Jahre lang Obmann von "CombiNet - Netzwerk Kombinierter Verkehr".