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Sein Ziel: Erziehung zu freien Bürgern

Von Stefan Beig

Politik

Würdigung des Bildungsforschers Marian Heitger. | Wien. Als "Kämpfer gegen den Zeitgeist" würdigte Peter Kampits, Dekan der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft an der Uni Wien, den bedeutenden Bildungswissenschafter Marian Heitger. Heitger habe stets freie und verantwortungsvolle Bürger als eigentliches Bildungsziel im Auge gehabt.


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Marian Heitger prägte maßgeblich das Institut für Bildungswissenschaften an der Uni Wien, wo er von 1966 bis 1995 Professor war. Bei einem Symposion anlässlich seines 80. Geburtstags wurde nicht mit Kritik an gegenwärtigen Trends in Bildungswissenschaft und Politik gespart.

"Heute drohen die Schüler zu Soldaten für Erziehungskonzepte zu werden", meinte etwa der Heitger-Schüler Jörg Ruhloff von der Bergischen Universität Wuppertal. "Fachexperten geben die Linie der Bildungspolitik vor. Unter Verbesserung der Pädagogik versteht man die Verbesserung empirischer Forschungsergebnisse."

Auch Heitger hält nicht viel von Pisa-Ergebnissen und ähnlichen empirischen Daten. Das, worauf es bei Bildung ankomme, lasse sich mit solchen statistischen Methoden nicht messen, meinte er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Bildung ist die Entfaltung seiner Möglichkeiten im Sinne eines rechten Gebrauchs der Vernunft. Es geht bei Bildung nicht um das gute Abschneiden beim Pisatest, sondern darum, selbständige Persönlichkeiten heranzubilden."

Lehrer sind entscheidend

Angesprochen auf die gegenwärtige politische Schuldebatte, betont Heitger, es sei wichtig, dass der Staat die Eltern nicht durch zu viele Vorgaben entmündige. Eltern sollten aus einem breiten Angebot an Schulen wählen können. "Ganztagsschulen sind notwendig, wenn die Kinder daheim keine Betreuung der Eltern erhalten. Auch die Gesamtschule ist sinnvoll, wenn sich bei einem Kind nach zehn Jahren noch immer nicht zeigt, welche Schulform für es die richtige ist."

Der Staat solle primär gute Rahmenbedingungen für die Schule schaffen. Um das gegenwärtige Schulniveau zu heben, müsse man primär bei der Lehrerausbildung ansetzen. "Eine Schule ist gut, wenn die Lehrer gut sind."

Marian Heitgers wissenschaftlichen Konzepte von Bildung sind auch von einigen Philosophen, wie Nikolaus Cusanus und Immanuel Kant, beeinflusst. "Wichtig ist, dass die Erziehung einen Transzendenzbezug hat. Der muss aber nicht christlich sein." Die Schulerziehung müsse für die Sinnfrage offen sein, ohne dabei, wie politische Ideologien, den Menschen vorgefertigte Antworten aufzuzwingen. Den Vormarsch des politischen Islam, der sich angesichts von Integrationshindernissen auch in Europa breit macht, sieht er als Folge des Werterelativismus. "Der Verzicht auf Wahrheit ist eine Schwäche der Pädagogik."