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Einen echten Leckerbissen servierte Ö1 am Dreikönigstag in den Hörbildern Spezial: Ein einstündiger Beitrag aus dem Jahr 1979 über die österreichische Legende Anton Karas. Eine knappe Stunde lang ließen Alfred Treiber, seit 15 Jahren Ö1-Programmchef, und Richard Goll, heute dessen Stellvertreter, den Aufstieg des Wiener Handwerkersohns zum weltbekannten Zitherspieler Revue passieren. Zum einen war der Beitrag selbst - Karas erzählte und musizierte - ein Genuss. Er vermittelte tiefe Einblicke in die Welt dieses einfachen Mannes: Kaum in der Lage, ein wenig Englisch zu lernen, in der deutschen Grammatik auch nicht immer ganz sattelfest, war seine Sprache die Musik. Und Lebensweisheiten hielt der Komponist des Harry-Lime-Themas ganz nebenbei parat. Etwa als er beklagte, dass der Wohlstand die Menschen daran hinderte, sich, wie früher üblich, zu Fremden an einen Heurigentisch zu setzen. Aber es war im selben Maß die journalistische Ebene, die hier faszinierte. Goll und Treiber waren es gewesen, die Anfang der Siebziger Jahre eine neue Art der Aufbereitung kreiert hatten, in der die Alltagswelt ins Radio geholt wurde: Das Originalton-Feature. Kein Sprechertext, auch die Gestalter treten völlig in den Hintergrund. Bezeichnender Weise war im ganzen Beitrag nur eine einzige Frage an Anton Karas zu hören, die da lautete: "Wer sind Sie?" Der Star ist nicht der Journalist, sondern der Porträtierte. Dessen lapidare Antwort lautete übrigens: "Ich bin Musiker." Goll und Treiber, die die Feature-Redaktion von Ö1 begründeten, erhalten Ende Jänner für ihre Verdienste um dieses journalistische Genre den "Axel Eggebrecht Preis" der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig.