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Slowaken vertrauen auf Sicherheit ihrer Atomkraftwerke. | Leise Kritik von junger Generation. | Bratislava/Trnava. Die japanische Botschaft in Bratislava ist zum ständigen Ort stillen Gedenkens geworden. Vor dem Eingangstor breitet sich noch immer ein See von Kerzen aus. Immer wieder beten Menschen für die Opfer der Naturkatastrophe oder geben persönlich eine Geldspende ab.
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So viel öffentliche Anteilnahme ist selten in der Slowakei, wo Emotionen andere nur dann etwas angehen, wenn das ganze Land mitfühlen soll, und Spendenaufrufe nur zu oft ungehört verhallen. Das menschliche Leid der Japaner hat die Slowaken in eine Art Schockstarre versetzt, zumal sie sich dem Land in Fernost überaus verbunden fühlen.
Umso frappierender scheint, dass viele Slowaken das Geschehen rund um Fukushima offenbar weniger berührt als die Folgen des Tsunami. In den Nachrichten spielt das technische Desaster kaum eine Rolle, auch wenn sich etwa bei der Slowakischen Nukleargesellschaft detaillierte und zeitnahe Informationen abrufen lassen. Und kaum jemand scheint offizielle Aussagen zu hinterfragen, wonach hiesige Atommeiler auch bei Erdbeben der Stärke 7 nicht beschädigt würden oder es kein Problem wäre, wenn über den Reaktoren mehrere Flugzeuge abstürzten - zumal in Medien durchgängig Befürworter der Kernkraft zu Wort kommen.
So wirken viele Slowaken keineswegs beunruhigt, wenn sie auf die Kernkraftwerke im eigenen Land angesprochen werden, egal ob sie in Bratislava wohnen oder in Trnava, 60 und 15 Kilometer vom AKW Jaslovske Bohunice entfernt. Zweifel äußern höchstens junge Menschen. "Nicht wir, sondern die Japaner haben ein Problem, das man lösen muss, und sie tun ihr Bestes. Wirklich schlimm wäre, wenn sie das nicht versuchen würden", konstatiert etwa ein älterer Mann.
"Angst hätte ich, wenn sich unser Land seit Tschernobyl nicht total verändert hätte, damals konnte man nichts glauben", sagt eine Frau, deren Vater infolge der Reaktorkatastrophe an "Blitzleukämie" starb, was offiziell "plötzliches Organversagen" hieß.
"Wir müssen endlich grundlegend über den Stellenwert der Natur nachdenken. Es kann nicht sein, dass uns nur Horrormeldungen erreichen", meint hingegen eine Studentin. "Jedes Jahr ist unser halbes Land überschwemmt, aber das erscheint schon wie ein Normalzustand, dessen Ursachen man nicht ergründen muss."