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Seitwärtsbewegung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Der Miba-Konzern zieht sich von der Wiener Börse zurück, die Bekanntgabe diese Woche wurde recht gelassen aufgenommen. Die paar tausend Vorzugsaktien, die notierten, würden den Aufwand nicht rechtfertigen, so das Unternehmen. Der Rückzug und seine Begründung sind trotzdem aus mehreren Gründen bemerkenswert. Erstens gehört die Miba der Familie Mitterbauer. Peter Mitterbauer baute das Unternehmen international auf, und er war lange Zeit Präsident der ÖIAG und in der Industriellenvereinigung ein vehementer Vertreter der Privatisierungen. Die Wiener Börse müsse ausgebaut werden, so sein Credo in früheren Jahren. Ihm selbst sind jetzt die Publizitätsvorschriften zu lästig geworden.

Zudem ist der Metallurgie-Spezialist Miba einer der führenden Technologie-Konzerne Österreichs, sein Rückzug von der Börse bedeutet auch eine Verarmung des Kurszettels. Finanz- und Immobilien-Titel beherrschen die Szene, die Wiener Börse spiegelt daher die Vielfalt der heimischen Wirtschaft nur sehr unzulänglich.

Das ist ein ziemlicher Jammer, denn eine Börse sollte doch das klassische Kapitalbeschaffungsinstrument für expansionswillige und -fähige Unternehmen sein. Gerade in der oberösterreichischen Industrie gibt es etliche Parade-Unternehmen, doch nur wenige von denen denken daran, sich über die Börse Kapital zu beschaffen.

Das liegt auch an der Politik, die - quer durch alle Parteien - die Börse als Zockerbuden abtut, und so deren schlechtes Image verstärkt. Doch die Wiener Börse ist auch selbst dafür verantwortlich, weil sie zuwenig auf ihre eigentliche Funktion hinweist.

Natürlich gibt es "high frequency trader" und so manche Spekulationsinstrumente, die Aktien schwer einschätzbar machen. Doch jede Börse gibt sich seine Geschäftsordnung selbst, Wien könnte hier Vorbild sein, ist es aber nicht. Und für viele Unternehmen sind die mit der Börsennotiz verbundenen Publizitätsvorschriften Abschreckung statt Motivation. Tatsächlich ist die Aussagekraft einer Quartalsbilanz überschaubar, doch auch hier könnte die Wiener Börse die Politik um Hilfe bitten.

Wie in so vielen anderen wirtschaftspolitischen Bereichen auch herrscht allerdings auch am heimischen Finanzmarkt Stillstand statt Bewegung.

Und daher geht die Miba auch, und es ist zu fürchten, dass dies andere Industrieunternehmen abhält, sich mit einem Börsegang auch nur zu beschäftigen.