Polens Ministerpräsident Marek Belka hat seinen Rücktritt für Mai angekündigt und damit den Druck auf das Parlament (Sejm) verstärkt, vorgezogenen Parlamentswahlen zuzustimmen. Diese könnten am 19. Juni stattfinden.
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Vor wenigen Tagen hatte er noch mehr Spitzenposten für Polen in der EU-Verwaltung eingefordert. Im Vergleich zu anderen neuen Mitgliedern sei sein Land nicht ausreichend repräsentiert, schrieb Premier Belka in einem Brief an die EU-Kommission. So hätten Ungarn und Tschechien zwei Vizedirektoren in der Kommission, und Polen hätte nur einen Vertreter.
Belkas eigener Posten an der Spitze der polnischen Regierung hat nun ein konkretes Ablaufdatum. Er sehe den Auftrag seines Kabinetts mit dem 5. Mai auf jeden Fall als erfüllt an, verkündete der Ministerpräsident gestern. An dem Tag wolle er auch über seine politische Zukunft entscheiden. Die Annahme, dass er der neu gegründeten Demokratischen Partei - für die er bei seiner Rede vor dem Sejm viele lobende Worte fand - beitreten wolle, bestätigte der parteilose Premier vorerst nicht. Doch schon im Mai des Vorjahres, als er das Amt von Leszek Miller übernahm, erklärte Belka, nur ein Jahr lang diese Funktion ausüben zu wollen.
Nun drängt er das Parlament zur Selbstauflösung, was den Weg für Neuwahlen frei machen würde. Ginge es nach Belka, fänden die Parlamentswahlen am 19. Juni statt und die Präsidentschaftswahl sowie das Referendum zur europäischen Verfassung am 25. September.
Während einige Oppositionsparteien das Kabinett zum Rücktritt auffordern, sträubte sich zuletzt die Regierungspartei SLD (Bündnis der Demokratischen Linken) gegen vorgezogene Wahlen. Nach einer Reihe von Skandalen ist sie in der Wählergunst massiv gesunken, und eine verheerende Wahlniederlage scheint unvermeidbar. Zu den Gewinnern könnten Zentrumsparteien und europaskeptische Nationalisten zählen. Wie immer sich der Sejm entscheiden wird - der 5. Mai werde ein wichtiges Datum sein, schloss Belka seine Ansprache.