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Finanzministerin Maria Fekter sagte zum Abschluss ihrer Budgetrede, sie wolle "ein Land der Freiheit, in dem die Menschen selbst Regie führen können in ihrem Leben." Aufbruchsstimmung kommt - trotz dieser schönen Worte - nicht auf. Das Budget 2012 ist handwerklich ordentlich gemacht, lässt aber jede Richtung vermissen. Es ist eine schonende Fortschreibung des Status quo, und das ist eindeutig zu wenig.
Um selbst Regie führen zu können, wäre es zudem notwendig, unveräußerliche Bürgerrechte zu achten und zu schützen. Dass im Nationalrat der ÖVP-Abgeordnete Johann Singer mit einem Brief des Justizministeriums spazieren geht, den der Adressat, der BZÖ-Abgeordnete Gerald Grosz, zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekommen hat, zeigt deutlich, dass es bis zum "Land der Freiheit" noch ein weiter Weg ist.
Fekter hat das bestehende Budgetprogramm genommen und an die schlechte Konjunkturentwicklung angepasst. Das zum Stillstand gekommene Wirtschaftswachstum vermasselte ihr Erfolgserlebnis, heuer weniger als drei Prozent Defizit vorweisen zu können. Dafür wurden Ausgaben noch ins heurige Jahr vorgezogen, um für 2012 ein etwas geringeres Defizit herzeigen zu können. Das ist technisch verständlich, aber politisch mutlos.
Österreich fährt also weiterhin mit angezogener Handbremse. Im Bildungsbereich unterlaufen Landesregierungen die größere Schulautonomie, im Sozialbereich steigen nach wie vor die Pensionszuschüsse dreimal so stark wie die Inflationsrate. Dass es im Jahr 2012 unveränderte Budgetmittel für "Kriegsopferentschädigungen" gibt, ist ein schönes Beispiel für den Struktur-Granit, auf dem die Republik steht.
Bei der Gemeindefinanzierung gibt es nach wie vor keine akkordierten Investitionen, jeder Bürgermeister werkelt vor sich hin.
Politik ist die Kunst des Möglichen. Nie war dieser Satz so falsch wie in der momentanen Lage. Die Regierung versucht auch 2012 nicht, sündteure Mauern niederzureißen.
73,6 Milliarden Euro will beziehungsweise muss der Bund im Jahr 2012 ausgeben. Das Land der Freiheit wird damit wohl nicht entstehen. Und die Einzigen, die Regie führen, sind die Finanzmärkte, die acht Milliarden Euro an Zinszahlungen davon erhalten. Politiker und Funktionäre - in der gesamten EU - sind dagegen nach wie vor bestenfalls als Regie-Assistenten tätig.