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Selbstbehalt für erkrankte Impfverweigerer rechtlich heikel

Von Petra Tempfer

Politik

Dass die Krankenversicherung nicht mehr sämtliche Behandlungskosten von Impfverweigerern mit Covid-19 übernimmt, wäre nur bei einer Impfpflicht denkbar.


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Noch sind die Wartelisten für die Covid-19-Schutzimpfung gut gefüllt. Impfvordrängler und Priorisierungen sind zurzeit mehr Thema als Impfverweigerer. Spätestens dann aber, wenn alle, die es möchten, zumindest die erste Teilimpfung bekommen haben, wird sich der Fokus drehen. Dann werden die Impfverweigerer sichtbar - und mit ihnen wird es auch die Frage, ob all jene von diesen, die an Covid-19 erkranken und in stationäre Spitalsbehandlung müssen, die Kosten dafür selbst übernehmen sollen.

Bis Ende Juni will man mit den ersten Teilimpfungen durch sein, sagten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Dienstag. Sich bewusst nicht impfen zu lassen, hatte zuletzt Peter Niedermoser, Präsident der oberösterreichischen Ärztekammer, gegenüber den "Regionalmedien Austria" als ein "Foul an der Gesellschaft" bezeichnet. Hier selbst aktiv zu werden und sich zu schützen, sehe er als eine Bürgerpflicht. Als Möglichkeit, diesem Missstand Rechnung zu tragen, schlägt Niedermoser einen Selbstbehalt für erkrankte Impfverweigerer vor.

So einfach ginge das aus rechtlicher Sicht allerdings nicht, sagt dazu Medizinrechtler Karl Stöger vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien. "Das wäre verfassungsrechtlich heikel, weil es keine Verpflichtung gibt, sich zu impfen", so Stöger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Gesetzesänderung nötig

Gibt es aber eine Änderung des Epidemiegesetzes und kommt eine Impfpflicht gegen Covid-19 - dann sieht die Situation anders aus. "Wird eine Impfpflicht eingeführt, was angesichts neuer Entscheidungen des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs gar nicht so abwegig ist, wäre ein gewisser Selbstbehalt für Impfverweigerer denkbar", sagt Stöger. Konsequenzen hinsichtlich der Leistungen durch die Krankenversicherung müssten aber immer vor dem Hintergrund des solidarischen Systems passieren und dürften daher nie darin münden, dass der unbehandelte Patient keine Hilfe holt oder gar stirbt, weil er sich die Behandlung nicht leisten kann. Dem Spannungsverhältnis zwischen dieser Form der Solidarität und der Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen könnte aber sehr wohl durch eine "symbolische Rechnung" - eben in Form eines Selbstbehalts - begegnet werden. Denn: "Wenn ein Staat eine Sozialversicherung zur Verfügung stellt, muss er die Gelder gerecht verteilen."

Diese Gerechtigkeit inkludiere aber freilich auch gewisse Grenzen. "Wenn ein Jugendlicher zu viel Alkohol trinkt und dann nur zur Ausnüchterung ins Spital kommt, dann muss er beziehungsweise müssen die Erziehungsberechtigten die Kosten übernehmen", sagt Stöger. Außer, der Jugendliche befindet sich tatsächlich in einem kritischen Zustand und muss behandelt werden - dann zahle die Krankenversicherung. Dazu gebe es auch schon ein Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes aus 2009.

Ähnliches gilt zum Beispiel auch für einen Wanderer, der nicht mehr weiterkann oder abstürzt und vom Hubschrauber geborgen wird. Hätte es eine billigere Variante der Rettung etwa per Rettungsauto gegeben, muss er laut Stöger für den Hubschraubereinsatz selbst aufkommen. Das kann - sofern man nicht zusatzversichert ist - teuer kommen: Eine Minute des Einsatzes kostet durchschnittlich 90 Euro.

Über all dem stehe jedoch in Österreich die Gewissheit, dass notwendige Sachleistungen vonseiten des Spitals nicht entfallen dürfen - gestützt durch die Sozialversicherungsgesetze, ergänzt Michael Straub, auf Medizinrecht spezialisierter Anwalt bei "Northcote. Recht" in Wien. Geldleistungen - also die Übernahme von Kosten durch die Versicherung - könnten, wie beim Beispiel der Alkoholvergiftung, sehr wohl entfallen; auch Krankengeld oder Zuschüsse für die Rehabilitation.

Vorsatz als springender Punkt

Dabei sei der Vorsatz der springende Punkt. "Der Vorsatz muss nachgewiesen werden, bevor eine Geldleistung entfällt", sagt Straub. Lässt man sich nicht gegen Covid-19 impfen, sei das zwar auch vorsätzlich. "Nach der heutigen Rechtslage ist mir aber kein Fall bekannt, in dem jemand selbst für Behandlungskosten einer Krankheit aufkommen musste, gegen die er nicht geimpft war", sagt Straub zur aktuellen rechtlichen Situation ohne Impfpflicht. Weder bei Influenza noch bei Infektionskrankheiten wie Masern, Mumps oder Röteln, deren Schutzimpfungen für Kinder im österreichischen Impfplan empfohlen werden. Verpflichtend ist derzeit keine Impfung in Österreich.

Kommt eine Covid-19-Impfpflicht, wären die Vorzeichen freilich andere, meint auch Straub. Gesundheitsminister Mückstein und Bundeskanzler Kurz haben zwar betont, dass es keine Impfpflicht geben werde, aber auch, dass bestimmte Vorteile für Nicht-Geimpfte nicht gelten sollen. Die Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes empfiehlt eine Covid-19-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen wie das Gesundheitspersonal und körpernahe Dienstleister wie Friseure oder Masseure - durch eine Ungleichbehandlung Geimpfter und Nicht-Geimpfter dürfe es jedoch zu keiner Spaltung der Gesellschaft kommen, schreibt sie in ihrer aktuellen Stellungnahme zur Pandemie.