)
Das Überraschungsei im neuen Abgabenänderungsgesetz heißt "Selbstberechnung". Diese Steuereinhebung der dritten Art ist nichts grundsätzlich Neues: Es gibt sie bei der Grunderwerbsteuer | bereits seit 1987. Auffällig ist, daß der Fiskus an dieser Form der Arbeitsausgliederung nun offenbar Gefallen gefunden hat, weil sie die Effizienz der Finanzverwaltung steigert.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 26 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Deshalb soll als nächster Schritt die aufwendige Gebührenberechnung bei Rechtsgeschäften sowie die Gesellschaftsteuer ab 1999 den betreffenden Steuerzahlern direkt übertragen werden.
Was von manchem Steuerzahler als neuerliche Belastung mit administrativer Gratisarbeit für den Fiskus empfunden wird, kann wohl auch als positive Maßnahme in Richtung Verwaltungsvereinfachung gesehen
werden.
Gebührenermittlung ausgegliedert
Das derzeit im Entwurf vorliegende Abgabenänderungsgesetz 1998 sieht dazu folgende Punkte vor:
Erstens: Eine wahlfreie Delegierung der Gebührenberechnung bei Rechtsgeschäften an den Gebührenschuldner unter zwingender Einschaltung eines befugten Parteienvertreters;
Zweitens: Eine pflichtweise Delegierung der Gebührenberechnung bei Bestandverträgen, wobei sich der Gebührenschuldner auf Wunsch der Hilfe eines befugten Parteienvertreters bedienen kann.
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen soll die Möglichkeit, die Hundertsatzgebühren bei den Verträgen in Stempelmarken zu entrichten, von derzeit 500 auf 1.000 Schilling erhöht werden, bei Bestandverträgen
sogar auf 5.000 Schilling.
Wahlmöglichkeit bei Rechtsgeschäften
Die Wahlmöglichkeit, die prozentuellen Gebühren bei Urkunden und Rechtsgeschäftsverträgen nicht vom Finanzamt (bescheidmäßig) festzusetzen, sondern von einem Parteienvertreter (Notar, Anwalt,
Wirtschaftstreuhänder) festsetzen zu lassen, ist dem geltenden Grunderwerbsteuerverfahren abgeschaut. Dort wird in der Regel die Steuer gleich vom beigezogenen Notar oder Anwalt festgesetzt und
eingehoben, was vielfach zu einem erheblich rascheren Weg ins Grundbuch führt als früher.
Auch im Gebührenrecht soll dieses Verfahren künftig bei Urkunden und Verträgen für die in Frage kommenden Hundertsatzgebühren zulässig sein, wobei es den Vertragspartnern freisteht, sich entweder für
den Behördenweg oder für die Einschaltung der Parteienvertreter zu entscheiden.
Nicht erforderlich ist jedenfalls, daß der zugezogene Vertreter am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes oder bei der Errichtung der Urkunde mitgewirkt hat.
Haftung des Gebührenschuldners
Natürlich behält sich die Finanz vor, die Richtigkeit der Gebührenermittlung beim betreffenden Parteienvertreter nachzuprüfen. Daher müssen diese Personen entsprechende Aufzeichnungen führen. Eine
Haftung für Gebührenmängel gehen sie dabei allerdings nicht ein, weil etwaige Auffassungs- oder Berechnungsfehler dazu führen, daß der Fiskus die Gebührendifferenz direkt beim Gebührenschuldner
nachfordert.
Nur im Falle, daß der Vertreter auf die Abfuhr der treuhändig kassierten Gebührenbeträge "vergessen" sollte, wird er direkt in die behördliche Mangel genommen.
Pflichtklausel bei Bestandsverträgen
Kein Wahlrecht soll es künftig bei der Vergebührung von Miet- und/oder Pachtverträgen geben. Hier wird die richtige und termingerechte Gebührenbezahlung zur Pflicht des inländischen Bestandgebers,
also des Vermieters oder Verpächters.
Der kann sich zur technischen Abwicklung der Vergebührung eines Notars, Anwalts, Wirtschaftstreuhänders, Immobilienmaklers oder Immobilienverwalters bedienen, und diese übernehmen dann die gleiche
Funktion wie bei den anderen Rechtsgeschäftsgebühren.
Der Variantenreichtum bei Bestandverträgen könnte freilich manchem Gebührenschuldner Kopfzerbrechen über die zutreffende Höhe der geschuldeten Vertragsgebühr bereiten.
Deshalb will das Finanzministerium in einer eigenen Verordnung festlegen, bei welchen "atypischen" Vertragsmustern der Bestandgeber der Vergebührungspflicht enthoben wird. Weiters behält sich die
Finanz die bescheidmäßige Vorschreibung vor, wenn die Gebührengrundlage von zukünftigen Kriterien abhängt, wie etwa beim umsatz- oder gewinnabhängigen Bestandzins.
Einfacher Gleichschriftsvermerk
Mit der Verordnung sollen übrigens auch Pauschalsätze für die in Bestandverträgen häufig vorgesehenen, nicht leicht fixierbaren Nebenleistungen bekanntgegeben werden (wie etwa für
Betriebskostenanteile in Wohnungsmietverträgen). Damit soll der Unsicherheitsfaktor bei der gebührenmäßigen Einbeziehung solcher Nebenleistungen erleichtert werden.
Neu ist ferner, daß die Einholung des sogenannten Gleichschriftenvermerks auf den Zweit- und Drittschriften der Verträge künftig entfallen kann. Schon bei der Gebührenberechnung für die Erstschrift
soll der Gebührenschuldner selbst die gebührenfreien Mehr-Ausfertigungen dieses Vertrages als solche kennzeichnen dürfen was einen gesonderten Amtsweg zum Finanzamt erspart.
Wahlrecht bei der Gesellschaftsteuer
Das neue Selbstberechnungssystem soll schließlich auch bei der Gesellschaftsteuer zugelassen werden. Dieses Relikt unter den Kapitalverkehrssteuern, das dem Fiskus mehr Aufwand als Ertrag bringt,
soll künftig ebenso von den befugten Parteienvertretern (Notar, Anwalt, Wirtschaftstreuhänder) abgerechnet und eingehoben werden dürfen wie die Grunderwerbsteuer.
Es besteht allerdings keine Verpflichtung zur Einschaltung eines Vertreters. Der Steuerschuldner soll bei jedem einzelnen Vorgang ein Wahlrecht haben, ob er dem Finanzamt eine Steuererklärung abgibt
und hierauf einen Bescheid erwartet, oder ob er das Gesellschaftsteuerverfahren beim Parteienvertreter abwickelt - der im übrigen an der bezüglichen Urkunde oder an der Vertragserrichtung gar nicht
mitgewirkt haben muß.
Weg ins Firmenbuch wird beschleunigt
Die Einschaltung des "Steuertreuhänders" hat freilich - wie die Praxis bei der "GrESt" gezeigt hat - einen nicht zu leugnenden Vorteil. Die für die rasche Eintragung ins Firmenbuch notwendige
"Unbedenklichkeitsbescheinigung" der Behörde kann künftig durch eine "Selbstberechnungsbescheinigung" des Parteienvertreters ersetzt werden - was den Weg ins Handelsregister rasant beschleunigt.