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Selbstbewusste Gemeinden fordern mehr Kompetenzen

Von Walter Hämmerle

Politik

Der Stein einer umfassenden Staatsreform ist mit der Idee eines "Österreich-Konvents" endlich ins Rollen gekommen. Gestern hat nun auch der Österreichische Gemeindebund seine Vorstellungen zur Neuordnung der staatlichen Kompetenzen präsentiert: Er fordert klare Kernaufgaben und mehr Eigenverantwortung für die Gemeinden, weniger Zentralismus und Regulierungswut des Bundes sowie finanzielle Anreize für sparsame Gemeinden über den Finanzausgleich.


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"Wir brauchen dringend einen Reformschub, um den wirtschaftlichen Handlungsspielraum zurück zu gewinnen." Angesichts leerer öffentlicher Kassen seien die Gemeinden daher auch bereit, in Sachen Staatsreform und Kompetenzverteilung "mit Mut neue Wege zu gehen", erklärte Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer gestern anlässlich der Unterzeichnung einer Publikationspartnerschaft zwischen Gemeinden, Wissenschaft und Wirtschaft.

Notwendig hierzu seien umfassende strukturelle Änderungen. Im Gegensatz zum Bund sei es den Gemeinden nämlich nicht möglich, einfach lineare Kürzungen beim Personal zu beschließen, da hier 75 Prozent der Bediensteten im Dienstleistungsbereich beschäftigt sind: "Wenn die Strukturen gleich bleiben, sind die Einsparungen nicht bzw. nur zu Lasten der Bürger machbar", so Mödlhammer.

Nicht in Frage stellen will Mödlhammer hingegen die zahlreichen Kleinstgemeinden in Österreich. Er nutze eine diesbezügliche Frage für ein "lautes Bekenntnis zur Kleingemeinde."

Klare Kernaufgaben für Gemeinden

Aus diesem Grund fordert der Gemeindebund, dass die Kernkompetenzen der Gemeinden klar festgeschrieben werden müssen. Österreichs Föderalismus kranke daran, dass sämtliche Verwaltungsebenen immer bei allem mitreden wollten und dadurch die Eigenverantwortung der Gemeinden durch unzählige Verordnungen und Gesetze eingeschränkt werde. Die Folge solcher Zuständigkeitsüberschneidungen und Doppelgleisigkeiten erschwere effizientes Arbeiten, ist Mödlhammer überzeugt

Spitäler: "Völlig sinnlose" Betreibervielfalt

So sei es etwa "völlig sinnlos", wenn im Gesundheitsbereich Gemeinden, Bezirke, Länder, Bund und Universitäten als Spitalsbetreiber auftreten. Dieses System führe zu einer kostspieligen Überversorgung in manchen Bereichen. Daher müsse man sich die Frage stellen, ob Spitäler tatsächlich unbedingt zur Kernkompetenz von Gemeinden gehören.

Umgekehrt sei es im Sozialwesen: Hier tragen die Gemeinden bis zu 65 Prozent der Kosten, haben jedoch am wenigsten zu bestimmen. Als "bürgernächste Stelle" sollten die Gemeinden jedoch in die Vergabe von Sozialhilfen verstärkt eingebunden werden, so die Forderung des Gemeindebund-Präsidenten.

Sparsame Gemeinden sollen belohnt werden

Neben mehr Flexibilität sowie weniger Zentralismus und bundesstaatlicher Regulierungswut befürwortet der Gemeindebund auch Sparanreize als finanzielles "Zuckerl" für effizient wirtschaftende Gemeinden. Ein neuer Finanzausgleich soll hierfür Kriterien festschreiben.

Neues Aufgabenverständnis der Gemeinden notwendig

Für den Chef der Kommunalkredit AG, Reinhard Platzer, müssen die Gemeinden als wesentlicher Wirtschaftsfaktor erhalten bleiben. Mehr als 50 Prozent der öffentlichen Investitionen werden allein von den Gemeinden getätigt. Dazu bedürfe es jedoch eines neuen Aufgabenverständnisses, ist Platzer überzeugt. Zahlreiche Aufgaben könnten billiger und besser von privaten Anbietern geleistet werden. Allein für den Spitalsbereich könnte dadurch ein Einsparungseffekt von 1,1 bis 1,3 Mrd. Euro jährlich erzielt werden.