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25 Regierungschefs der EU haben nun auch offiziell gelobt, in Zukunft mit größerer Disziplin ihre öffentlichen Haushalte in Ordnung zu halten. Das ist löblich, aber auch schwer zu glauben. Alle Regierenden geben viel lieber mehr Geld aus, als welches einzusparen. Der Wohlfühl-Faktor soll so hoch wie möglich bleiben - mindestens bis zur nächsten Wahl.
Jüngstes Beispiel ist das "Euro-Kernzonenland" Niederlande. Dort hat sich nun herausgestellt, dass ohne ein Sparpaket ab 2013 jährliche Budgetdefizite um 4,5 Prozent drohen. Das ist mit dem neuen Fiskalpakt ungefähr so, als würde ein 17-Jähriger betrunken Auto fahren - also schwer verboten.
Die neuerdings selbstdisziplinierten Minister in Den Haag müssen nun plötzlich sparen - und das nicht zu knapp. Mit der Selbstdisziplin ist es aber so eine Sache. Wer schon einmal erfolglos mit dem Rauchen aufgehört hat, der weiß, dass in der ersten Phase wilde Entschlossenheit herrscht. In der zweiten Phase stehen Gewichtszunahme und Übellaunigkeit im Gleichgewicht. Und in der dritten Phase schnorrt man sich im Wirtshaus eine.
Ende der Selbstdisziplin.
Bei Politikern arbeiten aber nicht einmal innere Schweinehunde gegen die Budgetdisziplin, sondern viele äußere: Ja, es soll gespart werden - aber nicht bei mir selbst.
Der von Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Italien ausgelöste Schock hält die Europäische Union derzeit in Phase eins. Sogar Österreich schnürte ein "Konsolidierungspaket".
Die Frage ist aber nicht ob, sondern wann die Politik die Phasen zwei und drei erreichen wird - und was dann wirklich passiert.
Die Drohung, Fördergelder zu sperren (wie bei Ungarn), mag den Zeitraum der überzeugten Selbstdisziplin verlängern. Aber in den größeren Nettozahlerländern würde dieses Ansinnen wohl rasch zu einer Debatte über die Höhe des jeweiligen EU-Beitrags führen. Üblicherweise sperren die Brüsseler Zuchtmeister bei solchen Drohungen die Peitsche dann wieder weg. Auch dies würde Selbstdisziplin beenden.
Es gibt hunderte Ratgeber-Bücher, wie Selbstdisziplin aufrechterhalten werden kann. Die 25 EU-Regierungschefs sollten sie nicht lesen. Einer der Tipps lautet nämlich: "Mit Widerständen aktiv umgehen." Nach so einem Satz greift wohl jeder zum Glimmstängel . . .