Seit dem tödlichen Unfall durch eine versagende Autopilotfunktion ist die Branche verunsichert.
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Boston. Das Projekt selbstlenkender oder autonomer Autos scheint in den USA auf einer Straße voller Schlaglöcher geraten zu sein. Zum Wochenende teilten gleich drei führende Ingenieure mit, dass sie die mit der Entwicklung solcher Projekte beauftragte Forschungsabteilung bei der Google-Konzernmutter Alphabet verlassen werden. Und seit dem tödlichen Unfall durch eine versagende Autopilotfunktion diskutiert die Branche ohnehin, ob sich die Vision von Millionen von Selbstlenkern überhaupt verwirklichen lässt.
"Neue Herausforderungen"
Am Freitag teilte der Chef der Forschungsabteilung Lab X bei Alphabet, Chris Urmson mit, dass er die Google-Mutter verlassen wird. Er nannte keinen konkreten Grund für seine Kündigung. Gleichzeitig sagten die Ingenieure Dave Ferguson und Jiajun Zhu, sie würden die Google-Entwicklung für ein autonomes Auto verlassen, um bei Start-up-Firmen anzufangen.
Schon zuvor hatte ein anderer Top-Ingenieur, Anthony Levandowski, bei Google gekündigt. Er will eine eigene Firma aufmachen und selbstlenkende Lastwagen bauen. Urmson ließ auf seinem Blog wissen, was ihn zu dem Schritt bewogen hat: "Nachdem wir unsere Autos das durchlaufen lassen haben, was umgerechnet 150 Jahren Fahren mit einem Menschen als Lenker entspricht, und nachdem wir unser Projekt den Sprung von der reinen Forschung zur Entwicklung eines Produktes haben machen lassen, das eines Tages jedermann nutzen kann, bin ich bereit für eine neue Herausforderung", so Urmson. Welche, das wollte der Techniker nicht verraten.
Unfall wird untersucht
Ob der Sprung zur Alltagstauglichkeit wirklich vollzogen worden ist, prüft derzeit die amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde NTSB (National Transportation Safety Board). Sie untersucht den Unfall eines Tesla am 7. Mai in Florida. Der Insasse hatte das Auto sich selber überlassen und offenbar einen Film über Harry Potter angesehen, als das Elektroauto in einen Lastwagen fuhr. Auch sei er 15 Stundenkilometer schneller gewesen als erlaubt. Beim Zusammenprall starb der Mann.
Die Kameras hätten den weißen Laster nicht erkannt, weil er im Gegenlicht keinen Kontrast abgab, hieß es bei Tesla. Der Hersteller von Elektroautos hat sich kürzlich von der israelischen Firma MobileEye getrennt, die die Detektoren hergestellt hat. Auf einer Expertenkonferenz in Traverse City in Michigan war der Unfall das Thema in allen Gesprächen. Der Direktor von Mitsubishi Electric, Gareth Williams, sagte: "Die jüngste öffentliche Diskussion, über den tödlichen Unfall eines Tesla-Autopiloten hat die Diskussion in der ganzen Branche eröffnet." Die Meinung der Öffentlichkeit hat sich seit dem Unfall im Mai verschoben. Eine Umfrage von AlixPartners vor und nach dem 7. Mai ergab, dass vorher 86 Prozent und nachher nur 79 Prozent den Sicherheitsgarantien der Hersteller, ihr Autopilot werde keinen Unfall herbeiführen, glaubten.
Eine Studie des renommierten MIT in Massachusetts hat kürzlich festgestellt, dass selbstlenkende Autos ohne Fahrer die Dienste von Taxi-ähnlichen Firmen wie Uber oder Lyft anwachsen lassen würden. Langfristig könnten die Straßen der USA sogar von 80 Prozent des privaten Autopersonenverkehrs befreit werden. Allerdings besagt die Studie auch, dass der Verkehr in den Innenstädten noch dichter werden könnte.
Was will der Konsument?
Volvos CEO Hakan Samuelson sagte, im Grunde gehe es nicht darum, dass Autos sich selber steuern sollten. Autofahren solle leichter gemacht werden. "Wir haben keine Ambitionen, ein Auto zu haben, das in der Innenstadt von A nach B fahren kann. Träumt der normale Verbraucher wirklich davon? Wir glauben eher daran, in einer Situation, in der Fahren keinen Spaß macht, man den Autopiloten einschalten und etwas anderes, Produktiveres machen kann."