Die erneute Ablehnung der Enthaftung von Helmut Elsner ist grotesk. Den Haftrichter dafür zu prügeln, ist freilich falsch. Denn das Beispiel Elsner zeigt in Wahrheit ein erschreckendes Bild der in Formalismus erstarrten heimischen Justiz. Niemand will mehr für heikle Sachen die Verantwortung übernehmen.
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Im Fall Elsner wird die heiße Kartoffel nun ans Oberlandesgericht weitergereicht. Die Furcht vor Verfahrensfehlern wiegt schwerer als die Entscheidung in einer Rechtssache. Ein Armutszeugnis für die heimische Richterschaft.
Gepaart wird das Ganze mit einer Organisation dahinter, die bestenfalls als "sehr österreichisch" bezeichnet werden kann.
Um ein anderes, weniger schwer wiegendes Beispiel zu nennen: Anruf beim Bezirksgericht Bruck an der Leitha am Dienstag Mittag. "Rufen Sie in einer Stunde wieder an, wir haben gerade Dienstbesprechung." Die Justiz verwechselt Unabhängigkeit mit Selbstzweck. Dass sie für den Bürger da ist, ist irgendwo in den endlosen Weiten der Zivil- und Strafprozessordnung verloren gegangen.
Dazwischen hängen Bürger, die ein berechtigtes oder unberechtigtes Anliegen haben. Steuerzahler, die dieses System finanzieren. Sollte es stimmen, dass ein Grund für die Nicht-Entlassung Elsners war, dass in einem kleinen Zimmer der stattlichen Wohnung der Funkempfang für die Fußfessel nicht gewährleistet ist, dann bekommt man eine Ahnung, welche Arbeit auf die Justizministerin wartet. Die Neuordnung des Gerichtswesens ist mindestens so hart wie das ebenfalls erstarrte Bildungssystem zu knacken.
Und wer sich die Finanzskandale nach der Bawag anschaut, von der Hypo Alpe Adria bis zur Hypo Niederösterreich, der wundert sich, warum Elsner der Einzige ist, der sitzt. Es ist nicht notwendig, sich zum Verteidiger Elsners zu machen, aber die Frage seiner Frau: "Was ist mit dem Geld der Bawag passiert und wer hat es?", scheint tatsächlich niemanden zu interessieren.
Die Justiz mag das vermutlich selber interessieren, aber sie hat sich selbst gefesselt. In Organisationen und Prozessordnungen, deren einzige Ausrede ist, dass es anderswo noch ärger zugeht. Ein schwaches Argument.