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Selbsthypnose

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Seit Wochen brodelt und gärt es unter den Polit-Junkies in der Bundeshauptstadt. Es wird getuschelt und geflüstert, geraunt und geraunzt. Wie es eben so ist, wenn Ideen und Gedanken sich anschicken, Gestalt anzunehmen.

Kühne Geister versteigen sich sogar zur Behauptung, die politische Landschaft stünde vor dem Umbruch, und verweisen als Beleg für ihre Euphorie auf Deutschland, wo der Aufstieg der Piraten und der Absturz der Liberalen deutlich machen, dass es ein politisches Leben jenseits der hiesigen Mischung aus symbolischem Aktionismus und aufgeklärtem Feudalismus geben könnte.

Dass ebendiese Dynamik Angela Merkels Union und Siegmar Gabriels SPD in exakt jene große Koalition hineintreibt, der man hierzulande lieber heute als morgen entfliehen möchte, ist ein Gustostückerl für alle Zyniker des imaginierten Aufbruchs. Aber das nur so am Rande.

Österreich unterscheidet sich allerdings noch in einem weiteren Punkt von Deutschland. Die Idee, dass ein 79-jähriger Selfmade-Milliardär wie Frank Stronach der Politik eines Landes seinen Stempel aufdrücken will, kennt man ja ansonsten eher nur von Gemeinwesen mit zweifelhafter demokratischer Qualität, die USA jetzt einmal ausgenommen.

Was Stronach fehlt, ist ein adäquates Vehikel, seine vom US-Liberalismus geprägten Reformvorstellungen zu transportieren. Womit wir bei Josef Bucher wären. Der hat mit dem BZÖ zwar eine rudimentäre Partei, aber kein Geld. Nachdem sich eine mögliche Allianz mit der Industriellenvereinigung im vergangenen Jahr zerschlagen hat, sucht Bucher nun auffallend die Nähe zum nächsten potenziellen Big Spender.

Ob daraus mehr als nur ein kurzer Flirt wird, bleibt abzuwarten. Stronachs "goldene Regel" - wer das Gold hat, macht auch die Regeln - mag im Wirtschaftsleben leidlich funktionieren, die Politik folgt noch anderen Gesetzen.

Stronachs hemdsärmeliger Zugang ist in der Politik definitiv nicht die feine Art. Sie ist allerdings auf alle Fälle ehrlicher, vor allem transparenter, als die bisher in Österreich praktizierten Zustände versteckter Parteienfinanzierung. Und - auch das sollte man nicht voreilig geringschätzen: Stronach gibt sein eigenes Geld aus. Das ist allemal ehrenwerter, als höchst eigennützige Ziele auch noch mit dem Geld anderer Menschen zu finanzieren.