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Am 54. Tag nach Beginn der Nato-Luftangriffe auf Libyen forderte UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon einen Waffenstillstand. Sofort. Ban, dessen Organisation das völkerrechtliche Mandat für den Luftkrieg zum humanitären Schutz von Zivilisten erteilte, tat dies eindringlich - und übrigens zum wiederholten Mal.
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Nichts spiegelt besser die im Westen herrschende Ratlosigkeit angesichts des sich zäh dahinziehenden Machtkonflikts in dem nordafrikanischen Land wider. Außer vielleicht, dass sich jetzt die Nato auch noch gegen den Vorwurf wehren muss, Flüchtlinge bewusst dem Hungertod auf See überlassen zu haben.
Kriege gewinnt, wer politisch bereit und militärisch fähig ist, den eigenen Einsatz zu erhöhen, wenn es erforderlich ist. Indem die UNO-Resolution den Einsatz von Bodentruppen kategorisch ausgeschlossen hat, hat sich die Staatengemeinschaft jeder Eskalationsmöglichkeit beraubt. Selbst wenn sie wollte, könnte die Nato ohne Bodentruppen kein schnelles Ende der Kämpfe erzwingen. Sie muss Krieg führen mit einem Bein hochgebunden.
Libyens Diktator Muammar Gaddafi weiß um diese militärische Selbstkastration seiner Gegner. Anzunehmen, dass dies die beste Motivation für ihn und die Seinen zum weiteren Durchhalten darstellt. Wer weiß, früher oder später könnten die westlichen Politiker ihr Interesse an dem Konflikt so schnell verlieren, wie sie es gefunden haben. Etwa, wenn die Kosten zum Thema werden.
Aus militärischer Sicht ist kaum wahrscheinlich, dass allein mit der Fortsetzung der Luftschläge gegen Gaddafi eine Entscheidung herbeigeführt werden kann. Es sei denn, der Diktator selbst wird von einer Bombe getroffen, zufällig oder nicht. Ein solcherart physisch herbeigeführter Regimewechsel steht jedoch ziemlich eindeutig der Zielfestlegung der UNO-Resolution entgegen. Und dass der Sicherheitsrat selbst eine Neubewertung der Lage vornimmt und der Nato-Allianz ein neues Mandat erteilt, das etwa auch den Einsatz von Bodentruppen vorsieht, gilt als ziemlich ausgeschlossen.
Der Westen hat sich im Falle Libyens zur Intervention entschlossen. Einen Plan, wie der Konflikt in absehbarer Zeit auch erfolgreich beendet werden kann, hat er nicht. Das rächt sich jetzt. Gaddafi hat Zeit, höchstwahrscheinlich sogar viel Zeit. Er muss nur den Kopf gut einziehen und abwarten.