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Bunte Wege werden angedacht in der Gesundheitsreform: Das heißt, alle Verwaltungsstrukturen bleiben erhalten und alles bleibt, wie es ist.
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Wer kennt sie nicht, die Lüge, dass ein Autokilometer nur Spritkosten verursacht. So gedacht ist Autofahren echt billig. Und weil wir uns selbst so belügen, haben Politiker mit ähnlichen Tricks leichtes Spiel.
Drei Prozent Verwaltungskosten sollen sie haben, unsere Krankenkassen, und damit billig sein. Tja, alleine so einfach ist die Rechnung nicht.
Aus den offiziellen Angaben kann man bereits erkennen, dass der Verwaltungsbetrieb bei Gesamtausgaben von 13,2 Milliarden Euro 660 Millionen kostet - also schon hier sind es 5 statt 3 Prozent. Das ist aber lange nicht alles.
An 10.000 Kassenärzte (inklusive Zahnärzte) werden 4 Milliarden Euro ausbezahlt. Glaubt man der Ärztekammer, dann sind die Bürokratiekosten für Kassenordination in zweistelliger Prozenthöhe zu suchen. Glaubt man ihr nicht und setzt ebenfalls 5 Prozent an, kommen zu den oben genannten 660 Millionen Euro noch 200 Millionen dazu - jetzt sind wir bereits bei 6,5 Prozent Verwaltungskosten
Es geht weiter. Die Ärztekammer erhält 2 Prozent Kammerumlage, das sind 80 Millionen Euro. Diese dienen dazu, den Verwaltungsapparat aufrecht zu erhalten. Nun gut, neben der Verwaltung der Kassenärzte (inklusive den Verhandlungen mit den Krankenkassen) werden auch andere Tätigkeiten erbracht. Aber wenn man von 50 Millionen Euro ausgeht, liegt man sicher nicht falsch. Diese hinzugerechnet, betragen die Bürokratiekosten fast 910 Millionen Euro oder 7 Prozent - zum Vergleich, Kanada kommt mit 2 Prozent aus, hat aber auch ein "böses" staatliches Gesundheitssystem.
Im stationären Bereich ist das alles noch komplexer. Welche Kosten die Länder- und Gemeindenbürokratien anhäufen, kann man nirgends ablesen. Auch wie die Milliarden des Gesundheitsministeriums angerechnet werden müssen, ist fraglich. Niedrig sind die Kosten allemal nicht. In den Spitälern direkt betragen die Verwaltungskosten 870 Millionen Euro. Wie viel davon auf die Bürokratie entfallen, ist unbekannt - vorsichtig geschätzt sind es 700 Millionen oder 7,5 Prozent der 9,3 Milliarden Euro Gesamtausgaben
Man liegt vermutlich nicht falsch, wenn man nur in Spitälern und Krankenkassen für die Selbst-Verwaltung des Systems über 2 Mrd. Euro oder mehr als 10 Prozent Kosten ansetzt.
Noch nicht angesprochen sind die Bürokratiekosten bei Medikamenten, in der Pflege oder der Rehabilitation. Da weiß man so gut wie nichts. Und ganz verschwiegen haben wir die Patientenseite. Denn auch die mühsame Recherche, welche Formulare man bis wann wo braucht, um ein paar Krücken zu bekommen, oder Besuche beim Chefarzt wegen irgendwelcher Bestätigungen kosten etwas - nämlich Zeit, die man an seinem Arbeitsplatz verbringen sollte. Ja, auch indirekte Kosten sind Kosten, selbst wenn die niemand zählen will - wie den Ölverbrauch beim Auto.
Hohe Verwaltungskosten sind immer dort zu finden, wo eine starke Fragmentierung vorherrscht. Und da sind wir spitze. 80 Krankenkassen und Krankenfürsorge-Anstalten, der Hauptverband, die Pensionsversicherung, die Privatversicherungen, der Bund, neun Länder, hunderte Gemeinden, zehn Ärztekammern und viele Gewerkschaften reden mit. Deswegen haben wir 4000 Finanzströme, die verhandelt und verwaltet werden müssen.
Will man wirklich Verwaltungskosten reduzieren, muss man die Verwaltung vereinfachen. Aber wer wird sich dafür einsetzen? Die, die von den Milliarden gut leben? Politiker, die diese Bürokratie brauchen, um genug Versorgungsposten für ihre eigenen Schäfchen zu haben?