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Die Hartnäckigkeit, mit der Österreichs Politik an schlechten Traditionen festhält, ist fast schon provokant. Zwei Ereignisse allein aus dieser Woche - und die ist noch nicht einmal vorbei - belegen das: Da wäre zum einen die Werbeeinschaltung pro Wehrpflicht in der Budgetrede von Finanzministerin Maria Fekter und zum anderen die Werbebroschüre pro Berufsheer von Verteidigungsminister Norbert Darabos. (Mit ein bisschen schlechtem Willen kann man durchaus auch die Verwirrung um das tatsächliche Ausmaß des Geldregens, den sich die Parteien selbst gönnen, in diese Reihe miteinbeziehen.)
Hier - und unzählige weitere, alle Parteien betreffende Beispiele ließen sich problemlos auflisten - werden Regeln gebrochen, und das noch dazu offen und relativ unverblümt; selbstredend keine formalen Regeln - im Geburtsland Hans Kelsens wird auf die strikte formale Einhaltung formaler Bestimmungen selbstredend größter Wert gelegt; sehr wohl jedoch solche, die in einer politischen Kultur, die nicht in wesentlichen Teilen auf Täuschen, Tarnen und Tricksen beruht, eigentlich selbstverständlich sind. Jedenfalls sein sollten.
In der Budgetrede der Finanzministerin, die per definitionem das Gemeinsame des Regierungsbündnisses zum Inhalt hat, ist kein Platz für eine Attacke auf den eigenen Koalitionspartner. Auch dann nicht, wenn noch so viele Kameras die Rede live übertragen und Journalisten die Ränge im Parlament bevölkern. Und das Gleiche gilt für eine Broschüre des Verteidigungsministeriums zum Nationalfeiertag.
In Österreich gibt es kein Gespür dafür, dass es einen Unterschied zwischen einem öffentlichen Amt und den Interessen der eigenen Partei gibt. Die Partei sagt, "das ist unser Amt" - und so wird es dann auch regiert. Und wenn man das zur Sprache bringt, bekommt man als Rechtfertigung hingeworfen, dass es "die anderen" ja genauso handhaben. Stimmt ja auch, ändert aber nichts.
Ja, Parteien sind das Rückgrat jeder Demokratie. Natürlich kann und soll auch kein gewählter Amtsträger seine politischen Überzeugungen quasi an der Garderobe ablegen. Aber kein öffentliches Amt dieser Republik darf zum verlängerten Arm einer Partei herabwürdigt werden, und zwar egal welcher. Was verwundert, ist, dass dieses an sich recht simple Amtsverständnis so schwer durchzusetzen ist.