Werke in Frankreich und China bereits zugesperrt - nun Schnitte in Deutschland und Italien.
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Wien. Seit 2016 steckt Semperit in den roten Zahlen. Hauptgrund für die Schieflage bei dem börsennotierten Wiener Konzern, der in der Herstellung hochwertiger Gummiprodukte weltweit tätig ist, waren strategische Fehlentscheidungen. Das Management setzte in der Vergangenheit zu sehr auf Wachstum und verlor dabei die Profitabilität aus den Augen. Auch Versäumnisse in puncto Modernisierungsinvestitionen rächten sich. Deshalb besteht nun hoher Restrukturierungsbedarf. Der Konzernumbau ist bereits angelaufen, so wurden zwei Werke - eines in Frankreich mit 60 Mitarbeitern, das andere in China mit 120 Jobs - geschlossen. Da das Unternehmen aber als sehr komplex gilt, wird die Sanierung laut Semperit noch bis Ende 2020 dauern.
Unterdessen zeichnet sich für heuer das dritte Verlustjahr in Folge ab. Im ersten Halbjahr schrieb Semperit unterm Strich ein dickes Minus von 67,4 Millionen Euro - nach einem Gewinn von 21,2 Millionen im gleichen Vorjahreszeitraum. Dabei fielen mehrere Sonderbelastungen ins Gewicht: eine Wertminderung der Firmensparte Sempermed (Operations- und Untersuchungshandschuhe), die allein mit mehr als 55 Millionen Euro zu Buche schlug, und Kosten in einstelliger Millionenhöhe im Zusammenhang mit den Werksschließungen.
Semperit verwies am Mittwoch aber auch auf erste Früchte der im vergangenen Herbst gestarteten Sanierung. Bereinigt um die negativen Sondereffekte hat sich das Betriebsergebnis, konkret das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit), in der ersten Hälfte dieses Jahres mehr als verdoppelt - auf 13,2 Millionen Euro.
Kleinere Produktpalette?
An der Wiener Börse sorgte die deutliche operative Verbesserung für einen mächtigen Kurssprung der Semperit-Aktie. In der Spitze legte der tief gefallene Titel am Mittwoch um fast 14 Prozent auf 17,00 Euro zu.
Nach den beiden Werksschließungen in Frankreich und China läuft derzeit im Zuge des strukturellen Umbaus bei zwei weiteren Standorten - in Deutschland (10 Mitarbeiter) und Italien (50 Mitarbeiter) - ein Schließungs- beziehungsweise ein Verkaufsprozess. Vorerst offen ist indes, ob die Produktpalette gestrafft werden soll. Da sei der Vorstand noch am Prüfen, sagte eine Sprecherin.
Als größtes Sorgenkind im Konzern gilt die Handschuhsparte, die unter massivem Konkurrenz- und Preisdruck leidet. Dem Vernehmen nach kommt es dort auch immer wieder zu Produktionsstörungen, weil es am Markt Engpässe bei der Rohstoffbeschaffung gibt. Besser läuft es im Vergleich dazu in den Sparten Semperflex (Hydraulik- und Industrieschläuche), Sempertrans (Förderbänder) und Semperform (Handläufe für Rolltreppen, Dichtungsprofile etc.).
Zuletzt hatte Semperit in Summe knapp 6900 Mitarbeiter, davon rund 900 in Österreich. Mehrheitseigentümer des Traditionsunternehmens ist die einst der Bank Austria nahestehende B&C Privatstiftung mit 54 Prozent, das US-Investmenthaus Fidelity hält 5 Prozent der Anteile, die restlichen 41 Prozent sind in den Händen von Streubesitzaktionären.