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Serbien nach zähem Ringen EU-Kandidat

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Rumänien hatte in letzter Sekunde Widerstand geleistet.


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Brüssel. Es war eine unfreiwillige Prophezeiung. "Das ist noch nicht das Ende", hatte der serbische Staatspräsident Boris Tadic am Montagabend erklärt. Gemeint hatte er, dass sein Land noch viel Arbeit vor sich hat, auch wenn es den Status eines EU-Beitrittskandidaten bekommen sollte. Diesen Status haben die EU-Außen- und -Europaminister tags darauf dann auch empfohlen. Nun müssen das nur noch die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag beschließen, was als Formalsache gilt.

Bereits zu Wochenbeginn waren etliche Bedenken einzelner EU-Staaten ausgeräumt worden. Doch dann tauchte am Dienstag eine Hürde auf, die kaum jemand vorhergesehen hatte: Rumänien leistete heftigen Widerstand gegen die Verleihung des Kandidatenstatus, den es erst am Abend aufgab.

Bukarest verlangte von Belgrad Garantien zum Schutz der rumänischen Minderheit, hieß es aus Diplomatenkreisen. Es geht dabei unter anderem um mehr als 40.000 Walachen, die vor allem im Osten Serbiens leben.

Dabei entspreche der Minderheitenschutz in seinem Land den höchsten europäischen Standards, sagte Tadic. Er habe dennoch Verständnis dafür, wenn Rumänien Fragen der Menschenrechte anspreche. Laut EU-Diplomaten könnte Bukarest eine Erklärung angeboten werden, in der die Europäische Kommission eine ständige Überprüfung des Minderheitenschutzes in Serbien versichert.

Enttäuschtes Rumänien

Was allerdings niemand offiziell aussprechen wollte, war die Möglichkeit, dass die Rumänen aus einem anderen Grund die Beratungen blockierten. Bukarest ist tief enttäuscht darüber, dass der Beitritt Rumäniens - ebenso wie der Bulgariens - zur Schengenzone, die Reisen ohne Grenzkontrollen erlaubt, immer wieder verschoben wurde. Staaten wie die Niederlande, Finnland und Deutschland hatten darauf gepocht, die Aufnahme der beiden jüngsten Mitglieder mit Auflagen zum Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität zu verknüpfen.

Zähes Ringen bis zuletzt gab es auch um die Pläne, die Möglichkeit von EU-Verhandlungen mit dem Kosovo über ein Annäherungsabkommen zu prüfen. Die Europäische Kommission hat eine solche Studie empfohlen; die meisten Staaten unterstützen dies auch, um Pristina eine europäische Perspektive nicht vorzuenthalten. Doch haben fünf Länder die Unabhängigkeit der ehemaligen südserbischen Provinz bisher noch gar nicht anerkannt.

Gespräche über ein solches Abkommen, das als eine Vorstufe zu Beitrittsverhandlungen gilt, würden daher auch jene fünf EU-Staaten in eine problematische Situation bringen, betonte Tadic. Sein Land erkenne den Kosovo als unabhängigen Staat sowieso nicht an, unterstrich er einmal mehr.

Tadic steht innenpolitisch stark unter Druck, sind doch in Serbien in wenigen Monaten Wahlen angesetzt. Er muss jenem großen Teil seiner Landsleute, der sich eine weitere Annäherung an die EU wünscht, einen Erfolg auf europapolitischer Ebene präsentieren können. Doch darf er dabei nicht zu viele Zugeständnisse beim Dialog mit Pristina machen, um serbischen Ultranationalisten zumindest etwas Wind aus den Segeln zu nehmen. Das aber ist das Nächste, das offiziell nicht ausgesprochen wird: Serbien wird kaum der Europäischen Union beitreten können, wenn es den Kosovo nicht anerkennt.