Das Mikser Festival in Belgrad will mit Design und Ausstellungen ein Stadtviertel beleben.
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Das Haus hat schon glanzvollere Zeiten gesehen. Doch jetzt deutet kaum etwas von außen auf die Pracht hin, die sich im Inneren des mächtigen Gebäudes im Belgrader Stadtteil Savamala versteckt. Die Fassade des ehemaligen Bankhauses ist geschwärzt, die Schrift hoch über der riesigen Flügeltür kaum zu entziffern. Sie weist auf die Habsburger-Vergangenheit der serbischen Hauptstadt hin. Als das Haus 1905 gebaut wurde, war das Viertel am Ufer des Flusses Sava ein kleiner Vorort unterhalb der Belgrader Festung.
Drinnen aber entfaltet sich der Jugendstil. Eine breite Treppe führt unter einer Glasdecke zum Kassenraum. Wie vor hundert Jahren bricht sich das Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster dringt, in den Scheiben aus Milchglas, die die Grenze bilden zwischen dem breiten Mittelgang und den zwei Schalterreihen. Ins Glas geritzte Frauenfiguren und Blumenmuster gruppieren sich um die mit Goldrand verzierten Fensterchen, durch die die Bankangestellten hindurch die Geschäfte abwickelten. Nur stehen jetzt keine Kunden mehr davor, sondern stapeln sich Kartons, vergilbte Papiere und kaputte Stühle.
"Wir würden das Haus gerne retten", sagt Dusica Drazic, die ein kleines Grüppchen von Besuchern durch die Räume führt. "Wir" - das sind einige serbische Künstler: Architekten, Designer, Maler. Sie veranstalten das Mikser Festival, das sich von 25. Mai an neun Tage lang über Savamala ausbreitet. Schräg gegenüber des Jugendstil-Baus haben sie in einer umfunktionierten Lagerhalle ihr Hauptquartier aufgeschlagen.
Die Ausstellungen, Installationen, Konzerte und Performances gehen aber an mehreren Orten über die Bühne. Das Viertel wird damit zu einer "Republik der Kreativität", wie es Festivaldirektor Ivan Lalic gerne bezeichnet. Im Vorjahr zog das rund 60.000 Gäste an.
Auch das ehemalige Bankgebäude wird eine Ausstellung beherbergen. Von einer Rettung des renovierungsbedürftigen Baus können die Künstler aber vorerst nur träumen. Die Stadt, der das Haus gehört, hat kein Geld dafür, und der serbische Staat hat mit anderen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Es gilt zu sparen, das Budgetdefizit zu senken und den Arbeitsmarkt wieder anzukurbeln. Fast ein Viertel der Serben ist arbeitslos, und das Durchschnittseinkommen beträgt nicht einmal 400 Euro.
Von niedrigen Löhnen und mageren Jobperspektiven für junge Menschen kann auch die freie Kuratorin Drazic etwas erzählen. Mit Zweit- und Drittjobs, Projekten im Ausland oder Stipendien können sich Künstler mehr schlecht als recht ernähren. Und so mancher, der sich die Miete nicht mehr leisten kann, zieht wieder zu den Eltern.
Auf Unterstützung ist denn auch das Mikser Festival angewiesen. Zahlreiche Sponsoren, zu denen das Österreichische Kulturforum und die Wirtschaftskammer zählen, tragen dazu bei, dass auch Kreative aus dem Ausland anreisen können. Doch kann es ebenso vorkommen, dass ein eingeladener Künstler sein Werk einfach in den Koffer packt und sich ein billiges Zugticket nimmt, erzählt Drazic. Der wichtigste Beitrag sei eben der Enthusiasmus.