Fekter will rasch neue Regeln für öffentliche Geldveranlagung ausarbeiten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien/Salzburg. Mit seinen Finanzspekulationen steht das Land Salzburg nicht alleine da. Als die Finanzwelt noch heil war, in den Jahren vor Ausbruch der großen Krise, haben sich Länder und Gemeinden in ganz Europa auf hochriskante Deals eingelassen. Nicht nur in Österreich hat der öffentliche Sektor spekuliert, sondern vor allem auch in Deutschland oder etwa in Italien und Spanien.
Das grundsätzliche Motiv dafür liegt auf der Hand: Über die Kapitalmärkte sollte an Entwicklungen partizipiert werden, die es möglich machen, finanzielle Vorteile zu lukrieren, um so Schulden abbauen zu können. Dabei wurde vielfach blindes Vertrauen in Bankberater gesetzt, die geringere Belastungen bei überschaubaren Risiken versprachen. Möglicherweise auch im Fall Salzburgs, wo Dutzende Derivatgeschäfte bei angeblich 34 nationalen und internationalen Banken bestehen (darunter zum Beispiel bei der Deutschen Bank, der Raiffeisen Bank International und der Erste Bank).
Ebenfalls einer der Beweggründe für das Zocken an den Märkten: Öffentliches Geld ist schließlich nicht eigenes Geld. Und das dürfte bei etlichen Politikern die Bereitschaft, Risiken einzugehen, gefördert haben. "Der öffentliche Auftrag kann nicht sein, zu versuchen, Geld wie im Kasino zu gewinnen", sagt dazu Richard Sturn, Leiter des Instituts für Finanzwissenschaft an der Universität Graz, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Sturn hat gleichzeitig aber auch "Verständnis für einen gewissen Optimierungsbedarf" - quasi im Sinne eines effizienten Schuldenmanagements. Was er allerdings nach eigenem Bekunden noch nie verstanden hat, ist, dass Gemeinden und Länder derartige Finanzgeschäfte machen. Als Extremfall nennt er die steirische Kleingemeinde Hartberg.
Die versenkte 2,5 Millionen Euro über ein Investment in Meinl European Land (MEL) und weitere 800.000 Euro über ein Karibik-Investment. MEL bescherte auch anderen Gemeinden ein böses Erwachen, etwa Bad Vöslau (Niederösterreich) oder Oberschützen (Burgenland).
Geht es um Zins- oder Währungsswaps (wie jetzt im Fall von Salzburg), sieht Sturn "gute Gründe, warum man das machen soll". Per se seien das Absicherungsgeschäfte. Vor diesem Hintergrund "sollte man eine gewisse Optimierung im Köcher haben", meint der Grazer Finanzexperte. Allerdings sollte man das dem Bund überlassen. "Der kann sich ein professionelles Team leisten", sagt Sturn. Daher sollte es hier ein vom Bund zentral gesteuertes Management geben.
Konkret plädiert Sturn für ein "zweistufiges Kontrollverfahren". Dabei sollte erstens definiert sein, was "gute Optimierung" und was "fragwürdige Spekulation" ist. Und zweitens sollte ein Instrumentarium vorhanden sein, welches das System bei der ersten Fehlentwicklung sofort reagieren lässt.
Fekter für strengere Regeln
Neben den oben bereits erwähnten Fällen gibt es in Österreich eine Reihe weiterer, in denen öffentliche Gelder für Spekulationszwecke herangezogen wurden. So haben etwa in Niederösterreich im Zuge der Finanzkrise allein rund 90 Gemeinden bei riskanten Deals Verluste eingefahren - darunter Retz oder Göstling/Ybbs. Auf Landesebene wiederum ist in Niederösterreich die Veranlagung der Erlöse aus dem Verkauf von Wohnbaudarlehen seit langem ein politischer Zankapfel. Der Rechnungshof stellte 2010 eine "Performance-Lücke" von knapp einer Milliarde Euro fest. Spektakulär ist auch der Fall der Stadt Linz, die sich derzeit in der sogenannten Franken-Affäre mit der Bawag wegen einer 2007 abgeschlossenen, später aber nach hinten losgegangenen Finanzwette vor Gericht streitet.
Finanzministerin Maria Fekter hat es nach dem Finanzskandal in Salzburg jedenfalls eilig, strengere Regeln für die öffentliche Geldveranlagung auszuarbeiten. Heute, Dienstag, will sie im Ministerrat eine erste Punktation berichten. Wie die neuen Regeln aussehen sollen, war aus dem Finanzministerium noch nicht zu erfahren. Ebenso wenig, wie verpflichtend diese sein sollen. Vizekanzler Michael Spindelegger hatte zuletzt mit der Idee sympathisiert, dass bei derartigen Geschäften Länder und Gemeinden (über die Länder) die Bundesfinanzierungsagentur in Anspruch nehmen.
Wie Swaps funktionieren
Bei Swaps handelt es sich um Tauschgeschäfte mit finanziellem Hintergrund. Grundsätzlich unterscheidet man in der Finanzwelt drei Arten von Swaps:
Zinsswaps, Währungsswaps sowie Kredit- und andere Swaps. Swapgeschäfte gelten als in hohem Maß riskante Zins- und Währungsspekulationen. Bei einem Zinsswap tauschen zwei Geschäftspartner ihre Zinsverpflichtungen, die sich aus aufgenommenen Krediten ergeben, aus. Im einfachsten Fall werden dabei fixe Zinszahlungen gegen variable Zinsverpflichtungen eines Kredits ausgetauscht.
Beide Partner erhoffen sich durch den Tausch einen finanziellen Vorteil. Für welche Seite das Swapgeschäft nun ein Gewinn oder Verlust wird, hängt von der jeweiligen Zinsentwicklung ab. Steigen die marktüblichen Zinsen über jene des fix verzinsten Kredites, ist der Zahler der Festzinsen im Vorteil. Bewegen sie sich darunter, liegt der Vorteil beim Zahler der variablen Zinsen. Ein Zinsswap ist also nichts anderes als eine Wette auf die künftige Zinsentwicklung (Zinswette).