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Sex in der Werbung wirkt -jetzt müsste man nur noch wissen wie

Von Walter Hämmerle

Wirtschaft

Auch die PR-Branche muss das Rad nicht ständig neu erfinden: Sexuelle Andeutungen bzw. erotische Appelle werden in der Werbung bereits seit mehr als 120 Jahren eingesetzt. Damit kann getrost als bewiesen festgestellt werden: Sex in der Werbung wirkt - offen ist nur das Wie! Aber keine Sorge, die Wissenschaft ist dem Phänomen auf der Spur. Die Antwort liegt allerdings in unseren Köpfen.


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Der erste Sündenfall hat sich schon rund um das Jahr 1880 ereignet: Damals hat man in Europa und den USA damit begonnen, textilfreie Mädchenrücken als geeignete Unterlage für Werbebotschaften einzusetzen. Mit diesem Tabubruch war der Damm gebrochen. Nicht einmal zehn Jahre brauchte es von da an noch, bis erstmals die gänzlich unverhüllte weibliche Nacktheit in das Zentrum kommerziellen Werbens gerückt wurde.

Wenngleich der Stein der sexuellen Werbereize damit in Bewegung geraten war, bedurfte es nocheinmal rund 80 Jahre, bis er richtig ins Rollen geriet und sich zu einer Lawine auswachsen konnte. Erst die sexuelle Revolution, die das Abendland im Lauf der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit voller Kraft erfasste, führte zu jener allgegenwärtigen Überflutung unseres Alltags mit sexuellen Reizen, der wir uns heute gegenübersehen. Seitdem wird für alle nur erdenklichen Produkte und Dienstleistungen mit Sex im weitesten Sinn geworben. Nicht einmal vor öffentlichen Stellen und Einrichtungen machte diese Entwicklung seither Halt.

Dass dabei von Anfang an der männliche Blick auf Sexualität bestimmend war, stieß mit dem Aufkommen der weiblichen Emanzipationsbewegung auf zunehmenden öffentlichkeitswirksam artikulierten Widerstand. Rückblickend betrachtet führte das zwar nicht zum endgültigen Aus für sexistische bzw. frauenfeindliche Werbesujets, wohl aber müssen Werber und Produkte, die sich einer solchen Sprache bedienen glauben zu müssen, seither mit negativen Konsumenten- und Imagefolgen rechnen. Nicht zuletzt hat diese Auseinandersetzung auch dazu geführt, dass sich auch spärlich bekleidete Männer immer öfter in der Rolle des sexuellen Lustobjekts im Visier des - diesmal weiblichen - Werbeblicks wiederfinden.

Die ungebrochene Popularität sexueller Motive in der kommerziellen Werbung darf in einer kapitalistisch streng durchorganisierten Gesellschaft wie der unsrigen als Beweis dafür gelten, dass die Kombination wirkt. Allerdings nicht immer und überall. Grundsätzlich reagieren Menschen zwar zwangsläufig mit physiologischen Reaktionen auf sexuelle Reize - man denke nur an die erweiterten Pupillen der männlichen Augen beim Anblick eines nackten Mädchens. An dieser Stelle sollte übrigens noch einmal extra darauf hingewiesen werden, dass sexuelle Werbebotschaften Frauen gleichermaßen wie Männer ansprechen.

Als Beleg dafür, dass sexuelle Appelle in der Werbung automatisch zu einer verbesserten Werbewirkung führen, kann dies jedoch nicht gewertet werden. Entscheidend dafür ist, dass die Erotik schlüssig zum beworbenen Produkt passt. Ist dies nicht der Fall, entfaltet diese zwar trotzdem ihren unwiderstehlichen Reiz, doch rückt dann die eigentliche Werbebotschaft in den Hintergrund. Der Albtraum eines jeden Auftraggebers, dessen sollten sich auch die Werbemacher bewusst sein.