Kritik an "Weihnachtskampf"-Spots von Telering, Checkfelix und Ryanair.
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Wien. Nackte Frauenkörper für das Bewerben von Fenstern und Türen und ein Plakat, das ein weibliches Hinterteil mit einer Karosserie vergleicht - Sexismus wie in diesen Werbesujets wird in Österreich häufig beanstandet. Von den 268 Beschwerden, die bisher heuer beim Werberat eingegangen sind, wurde die Selbstkontrollstelle der Werbewirtschaft 85 Mal wegen Geschlechterdiskriminierung von Konsumenten eingeschaltet. Dahinter folgen Ethik und Moral sowie Gewalt als Beschwerdegründe.
Bei den beanstandeten Kampagnen werden oft nackte Frauenkörper ohne Bezug zum beworbenen Produkt dargestellt. "Die Bevölkerung ist besonders sensibel, wenn es bei sexistischen Darstellungen an die Grenze des Möglichen und darüber hinaus geht", sagt Werberat-Präsident Michael Straberger.
Werberat auch künftig nicht für Polit-Werbung zuständig
Neun Mal hat der Werberat bisher zum Stopp einer Kampagne aufgerufen - im Vorjahr wurden nur vier Sujets gestoppt. Zu den größten Aufregern zählten zwei im November ausgestrahlte TV-Werbespots der T-Mobile-Marke Telering, in denen sich Weihnachtsmann und Christkind gegenseitig verprügeln. Die Beschwerden richteten sich gegen die Verunglimpfung religiöser Symbole und die Verherrlichung von Gewalt.
Der Mobilfunker versah als Reaktion die Gewalt-Szene mit einem schwarzen Balken und brachte kurz darauf veränderte Spots heraus, in dem sich Christkind und Weihnachtsmann versöhnen. "Die Unternehmen ziehen meistens die beanstandeten Sujets bei unserer Anfrage sofort von sich aus zurück. Sie haben Sorge, dass die Bedenken der Konsumenten ihrem Image oder Produkt Schaden zufügen könnte", sagt Straberger.
Gestoppt wurde auch ein Inserat der Billig-Fluglinie Ryanair, die mit einem Pin-Up-Girl mit "roten heißen Preisen & Crew" und gleichzeitig für einen Wohltätigkeitskalender warb. Ein weiterer Aufreger im Herbst war die neue Werbekampagne des Unterwäschekonzerns Palmers, in der eine blinde Frau die Hauptdarstellerin ist. Der Werberat sah aber keinen Anlass zum Eingreifen.
Zu sensiblerem Vorgehen rief die Selbstkontrollstelle die Reisesuchmaschine Checkfelix auf, die in einem Spot einen Kunden, der mehr bezahlt, als "Idiot" bezeichnete. Insgesamt hat der Werberat bisher 24 Mal zur Sensibilisierung gemahnt.
Auf Unmut stieß im Oktober ein TV-Spot der Kinderhilfsorganisation Pro Juventute: Einige Zuseher fanden, dass Väter und Männer im Allgemeinen in dem Film diskriminiert werden. Hier gab es allerdings keine Entscheidung des Werberates, weil nicht-kommerzielle Werbung nicht in seinen Aufgabenbereich fällt. Die Stelle überprüft bei Wirtschaftswerbung, ob die Sujets im Einklang mit moralischen und ethischen Standards auf Basis des Selbstbeschränkungskodex der österreichischen Werbewirtschaft stehen. Beschweren kann sich jeder Konsument im Internet auf der Werberat-Seite.
Bisher sind heuer halb so viele Beschwerden wie im Vorjahr eingegangen, weil 2010 die FPÖ-Werbung im Wiener Wahlkampf für eine Beschwerdeflut sorgte. Aus dem Bestreben, dass der Werberat künftig auch für politische Werbung zuständig werden soll, wird nun doch nichts: Der Vorstand habe entschieden, dass die Statuten nicht dahingehend geändert werden, sagt Straberger.
Das Gremium hat sich heuer von 90 auf 160 Personen verdoppelt, die für drei Jahre gewählt wurden. Die Werberäte kommen aus den Bereichen Agenturen, Medien, Auftraggeber und übergreifende Organisationen wie NGOs. Durch das größere Gremium werde die Professionalität des Werberates gestärkt, freut sich Straberger über das Interesse.