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Zerwürfnisse zwischen dem türkischen Präsidenten Sezer Necdet und Ministerpräsident Bülent Ecevit sind nichts Neues. Das Verhältnis zwischen den beiden ist seit jeher angespannt. Dass es aber just im mächtigen, von Militärs dominierten Nationalen Sicherheitsrat zu einem regelrechten Eklat kam, zeigt, wie sehr sich das politische Establishment vom Kampf des liberalen Reformers Sezer gegen die weit verbreitete Korruption in die Enge getrieben fühlt.
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Ecevit hatte am Montag erbost die Sitzung verlassen, weil der Staatschef bei der Sitzung "einige unhöfliche Bemerkungen" fallengelassen hatte, wie aus der Umgebung des Premiers im Anschluss verlautete. Der sichtlich echauffierte Premier sprach sogleich von einer "ernsten Staatskrise" und forderte eine Entschuldigung - bisher umsonst.
Hintergrund des Spektakels: Sezer hatte in der Vorwoche ein Kommission ernannt, die das staatliche Bankenwesen auf korrupte Machenschaften untersuchen soll. Dass bei der weit verbreiteten Korruption im Land auch höchte politische Kreise involviert sind, ist kein Geheimnis. Sezer sind sie zudem ein Dorn im Auge. Seine Inspektoren tauchten auch bereits am Montag in der in staatlicher Hand befindlichen "Ziraat Bank" auf und verlangten Unterlagen.
Für die Drei-Parteien-Koalition aus Demokratischer Linkspartei, der ultrarechten Partei des Nationalistischen Aufbruchs (MHP) und der Mutterlandspartei (ANAP) war das ein Affront. Sie hatte erst kürzlich ein ähnliches Inspektionsgremium eingerichtet - die "Bankenregulierungs- und Beobachtungsbehörde". Dieses Gremium sei ohnehin staatlich, Sezers jüngster Vorstoß daher unnötig, ließ Ecevit ausrichten. Doch Sezer beharrte. Sein Inspektionsteam stünde verfassungsrechtlich über allen übrigen und werde sich bei der Durchforstung auch der poltischen Dimension des Korruptionswesens nicht behindern lassen. Punkt. Basta.
Diese Botschaft hatte er Ecevit auch in der letzten Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats überbracht. "Warum fürchten Sie sich so sehr vor meinen Untersuchungen, Herr Premierminister", fragte der Staatschef. Ecevit antwortete nicht, er ging.