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Jerusalem - Über die Frage, wer künftig die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern leiten soll, sind die Koalitionsverhandlungen in Israel in eine Krise geraten. Die Arbeiterpartei verlangt, dass die Federführung bei Shimon Peres liegen soll, der in einer Regierung der Nationalen Einheit das Außenministerium übernehmen würde. Der Likud-Block, in dem es wie in der Arbeiterpartei Baraks nicht nur eitel Freude über eine große Koalitionsregierung gibt, wirft Barak Verzögerungstaktik vor.
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Sharon distanzierte sich am Wochenende von Barak und betonte, er verhandle mit Parteien und nicht mit Personen. Politische Beobachter in Israel interpretieren das als Reflexion über die internen Schwierigkeiten der Arbeiterpartei. Barak hatte bereits dreimal eine Sitzung des Zentralkomitees seiner Partei verschieben lassen, um dessen Mitglieder für seine Unterstützung als Verteidigungsminister zu gewinnen, nachdem seine innerparteilichen Gegner, Innenminister Chaim Ramon, Außenminister Shlomo Ben-Ami und Knessetpräsident Avraham Burg, betont hatten, sie würden eine eigene Ministerliste im Zentralkomitee unterstützen.
Sharon scheint die parteiinternen Schwierigkeiten Baraks auszunützen und traf sich bereits am Samstag mit Ramon auf seiner Farm. Für Montag stand in der Knesset ein Gespräch Sharons mit Justizminister Yossi Beilin, der für den Fall einer Großen Koalition bereits seinen Austritt aus der Arbeiterpartei und die Gründung einer neuen sozialdemokratischen Gruppe angekündigt hat, auf dem Programm des gewählten neuen Ministerpräsidenten. Über diese Parallelgespräche wiederum ist Barak nicht besonders erfreut, der sich ohnehin in seiner Partei einer wachsenden Bewegung gegenübersieht, die seinen Rückzug aus der Politik fordert, wie er ihn nach der Schlappe bei der Wahl des Ministerpräsidenten am 6. Februar angekündigt hat. Neben seinem stärksten innerparteilichen Opponenten, Knessetpräsident Avraham Burg haben sich u.a. auch der frühere Präsident Ezer Weizman, sowie der Bürgermeister von Haifa, Amram Mitzna, Einwanderungsministerin Yael Tamir und die Jugendorganisation der Partei der "Barak go home"-Bewegung angeschlossen.
Für die Regierungsbildung, die Sharon bis zum Wochenende abgeschlossen haben will, bedeutet das nichts Gutes. "Wenn Barak nicht Verteidigungsminister wird, wird es keine Regierung der Nationalen Einheit geben", sagte einer der engsten Barak-Vertrauten, Knesset-Abgeordneter Weizman Shiri. Baraks Büro dementierte zwar, dass der scheidende Ministerpräsident eine derartige Drohung in den Raum gestellt habe. Aber auch Regionalminister Shimon Peres, einer der entschiedensten Befürworter einer großen Koalition, sieht die Chancen für eine Regierungsübereinkunft, die am Freitag der Vorwoche schon unmittelbar bevorzustehen schien, schwinden.
Gegen eine Bestellung Baraks zum Verteidigungsminister machte aber auch die Nationalreligiöse Partei, die 5 der 120 Knesset-Abgeordneten stellt, Stimmung. Die orthodoxen Parteien wiederum machen ihre Mitarbeit von einer Rückstellung der Religionsschüler vom Militärdienst abhängig.