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Sharon gerät nun in der eigenen Partei zunehmends unter Druck

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Jerusalem - Während die palästinensische Führung angesichts des Regierungswechsels in wachsende Bedrängnis gerät und unter dem Eindruck eines neuen Autobombenanschlags in der vorwiegend von Arabern bewohnten Ortschaft Umm es Fahem in Nordisrael mit Toten und Verletzten steht, gerät auch der gewählte Ministerpräsident Ariel Sharon in der eigenen Partei zunehmends unter Druck, weil er nach Meinung mehrerer Likud-Abgeordneten den Koalitionsparteien zu große Zugeständnisse macht.


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"Im Likud-Block geht ein Witz um, dass wir ein eigenes Team zusammenstellen müssen, das darüber beraten soll, ob unsere Partei der Regierung beitreten soll oder nicht" sagte ein ungenannter Likud-Abgeordneter der "Jerusalem Post". Und der Abgeordnete Israel Katz äußerte die Befürchtung, dass sich seine Partei trotz Sharons Sieg in der Opposition wiederfinden werde. Er warf dem Premierminister vor, nicht mit der eigenen Fraktion zu sprechen und jene Ministerposten herzugeben, an denen der eigenen Wählerschaft am meisten liege. Katz meinte auch, dass sich zahlreiche Abgeordnete bereits darüber bei ihm beschwert hätten, aber in der Öffentlichkeit noch stillhalten, weil sie sich selbst Chancen auf Ministerämter ausrechnen, die sie aber nicht bekommen würden.

Sharon, der sein Kabinett am kommenden Mittwoch vorstellen will, dementierte, dass er das Erziehungsministerium der Nationalreligiösen oder der russischen Einwandererpartei angeboten habe. Er habe keine Absicht dieses wichtige Ministerium herzugeben, sagte er vor einer Gruppe von Studenten.

In der eigenen Partei wird dem gewählten Ministerpräsidenten vorgeworfen, Parteifreunde nicht zu berücksichtigen, um sich keine Konkurrenten zu machen, wenn er in zwei Jahren zur Wiederwahl antritt.

Die Arbeiterpartei will heute, Freitag entscheiden, wer die zugesagten acht Minister- und zwei Vizeministerposten einnehmen soll. Fix ist bisher nur, dass Shimon Peres Außenminister und stellvertretender Ministerpräsident werden soll.

Peres hat Donnerstag auch die Terrorvorwürfe von Generalstabschef Shaul Mofaz gegen die palästinensische Führung zurückgewiesen und sich sehr besorgt über den immer härter und extremistischer werdenden Ton geäußert. Mofaz hatte am Tag zuvor die Palästinensische Nationalbehörde als "Terroristeneinheit" und ranghohe Vertreter der Sicherheitskräfte Arafats als Urheber von "Terrorakten" bezeichnet. Auch Sharon dementierte Vemutungen, das Mofaz die Möglichkeit einer Wiederbesetzung der palästinensischen Selbstverwaltungsgebiete angedeutet haben könnte. Die bisher erfolgte Rückgabe von gebieten sei endgültig.

Der Fatah-Chef im Westjordanland, Marwan Barguti, hat unterdessen in einem Zeitungsinterview angekündigt, Arafat den Gehorsam zu verweigern, wenn er das Ende der Intifada anordnen sollte. Barguti betonte, der Schlüssel zur Intifada liege nicht in Arafats Händen. Der Volksaufstand werde "bis zur vollständigen Befreiung der Heimaterde und der Schaffung eines Palästinensischen Staates" fortgesetzt.