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Sharon gibt Powell-Mission im Nahen Osten wenig Chancen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Washington - Israels Ministerpräsident Ariel Sharon äußerte sich nach seinem Treffen mit US-Präsident George W. Bush pessimistisch über die Erfolgschancen der Nahostmission von US-Außenminister Colin Powell, der unmittelbar nach seinem Gespräch mit Sharon eine Nahostmission antrat, um den vor zwei Wochen von CIA-Chef George Tenet ausgehandelten Waffenstillstandsplan zu retten. Sharon und Bush einigten sich auch nicht über einen Zeitplan für neue Friedensverhandlungen im Nahen Osten.


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In seinem Gespräch mit dem US-Präsidenten beharrte Sharon darauf, dass bis zum Beginn einer Abkühlungsphase zehn Tage völlige Ruhe herrschen müsse. Dann sei er bereit, die Abkühlungsphase auf sechs Wochen einzuschränken. Bisher war von acht Wochen die Rede gewesen. Wenn es in dieser Abkühlungsphase keine weiteren Terrorakte gibt, sollen drei oder vier Monate lang vertrauensbildende Maßnahmen folgen.

Bush hingegen ist der Meinung, dass die Abkühlungsphase sofort beginnen solle. Es seien schon Fortschritte erreicht worden, auch wenn der Erfolg nicht in Meilen, sondern in Inches zu messen sei, aber ein Inch sei besser als gar nichts.

Dem hielt Sharon entgegen, dass es seit der Annahme des Tenet-Plans am 13. Juni auf palästinensischer Seite acht und auf israelischer Seite sechs Tote gegeben habe. Entschieden lehnte Sharon auch einen Stopp des Siedlungsbaus ab. Die alltäglichen Bedürfnisse der Siedler in den besetzten Gebieten müssten erfüllt werden. Der Ausbau der Siedlungen werde nicht eingefroren, sagte Sharon und widersprach damit auch seinem Außenminister Shimon Peres, der in den vergangenen Tagen von einem Einfrieren gesprochen hatte. Das Thema müsse in Friedensverhandlungen diskutiert werden, sagte Sharon, der sich auch zu Gesprächen mit Syrien bereiterklärte, allerdings ohne Vorbedingungen. Die syrische Seite macht Gespräche von einem israelischen Abzug von den Golan-Höhen abhängig.

Skeptisch äußerte sich Sharon über die Erfolgsaussichten der Nahostmission von US-Außenminister Colin Powell. Er glaube, dass sich Palästinenserpräsident Yasser Arafat entschieden habe die Gewalt fortzusetzen. Solange man auf Arafat nicht massiven Druck ausübe, werde sich daran nichts ändern.

Powell ist Mittwoch zu Gesprächen mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak zusammengetroffen und wird heute vormittag mit Israels Staatspräsident Mosche Katzav und Außenminister Shimon Peres getrennte Gespräche führen bevor er sich am Nachmittag in Ramallah mit Palästinenserpräsident Arafat trifft. Für Freitag Vormittag hat sich der US-Außenminister Zeit für zusätzliche Gespräche freigehalten, bevor er nach Jordanien und Paris weiterreist, wo ein Treffen mit dem saudischen Kronprinzen Abdullah vorgesehen ist.

Powells zweiter Besuch im Nahen Osten seit seinem Amtsantritt im Jänner solle in erster Linie dazu dienen, Israel von einer größeren Militäraktion abzuhalten, durch die der Konflikt weiter eskalieren würde, glaubt man in israelischen Diplomatenkreisen. Die USA seien daran interessiert, Stabilität in der Krisenregion zu haben und stehen dabei auch unter Druck der gemäßigten arabischen Alliierten, die befürchten dass ein Weiterdrehen der Gewaltspirale negative Auswirkungen auf ihre Länder haben würde.