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Show ohne Substanz

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Ob Heinz-Christian Strache den 12. November 2002 im Hinterkopf hatte, als er nun den Clou mit Ursula Stenzel einfädelte?

Zwölf Tage vor der Nationalratswahl 2002 präsentierte Wolfgang Schüssel Karl-Heinz Grasser als parteifreien Finanzminister für die Zeit nach der Wahl. Zur Erinnerung: Grasser war damals, Jahre bevor er zum Dauergast vor Gericht wurde, das heißeste politische Eisen im Feuer, ein Politstar auf der Liste der Freiheitlichen, dem die Herzen der Wähler (und Medien) nur so zuflogen. Schüssel machte so der gerade implodierenden FPÖ (Knittelfeld!) zwei Drittel ihrer Wähler abspenstig; und er positionierte die ÖVP als Sammelbecken für Mitte-Rechts-Wähler. Für dieses eine Mal.

Und jetzt Strache mit Stenzel: Mit der Hilfe der Bezirksvorsteherin der Wiener City hofft der FPÖ-Obmann, seine Partei für das konservative Bürgertum zu öffnen. Doch Geschichte wiederholt sich nicht, nicht einmal in Österreich und auch nicht als Farce.

Die Jahre seit 2002 sind nicht spurlos an der politischen Landschaft vorübergegangen. Sämtliche etablierten Parteien haben einen Schrumpfprozess durchlaufen - SPÖ und ÖVP sowohl inhaltlich als auch stimmenmäßig, die FPÖ nur inhaltlich. Strache hat seine Partei auf zwei Themen verengt: Ausländer und Europa-Kritik. Für politische Nischen oder Flügelspieler ist da kein Platz mehr. Der (national-)liberale Teil ist innerparteilich ebenso marginalisiert wie der ehedem respektable Wirtschaftsflügel. Entsprechend konsequent stilisiert sich die Strache-FPÖ als soziale Arbeiterpartei.

Diesen Kurs wird die FPÖ nicht ändern, dazu ist er bei Wahlen zu erfolgreich. Dass er gleichzeitig die blauen Regierungsoptionen minimiert, nimmt die Partei in Kauf.

Der Wechsel Stenzels trifft die Wiener ÖVP ins Mark. Zur politischen Schwäche kommt jetzt der Hohn, nicht einmal das politische Handwerk zu beherrschen, einen Generationenwechsel ohne Totalschaden über die Bühne zu bringen.

Doch davon abgesehen ist der Coup vor allem eines: eine medienwirksame Inszenierung. Die besten Aussichten, zur stimmenstärksten Partei zu werden, hat die FPÖ im Arbeiterbezirk Simmering, nicht in der City. Trotz Ursula Stenzel. Diese wird ihr politisches Ausgedinge nach einer langen erfolgreichen Karriere im FPÖ-Klub des Wiener Rathauses finden.