Den Wirbel um die Kritik des Super-Adlers wegen seines Privattrainers hätte sich das ohnedies schwächelnde ÖSV-Team wirklich sparen können.
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Gregor Schlierenzauer hätte sich vielleicht an Marcel Hirscher erinnern sollen. Nämlich daran, wie unbedacht ausgestoßene Nebensätze zu medialen Donnerschlägen hochgepusht werden, die am Ende genau niemandem nutzen und nur verbrannte Erde im Team hinterlassen. So war es, als Hirscher nach dem Super G bei der Heim-WM in Schladming via Facebook gemeint hatte, er wäre dieses Rennen "auch gerne gefahren". Und schon gab es eine riesige Aufregung um falsche Aufstellungen, verpasste Medaillenchancen und ganz generell um gekränkte Eitelkeiten. Ähnlich verhält es sich jetzt bei Olympia, wo ein gewaltig unter Druck stehender Skisprung-Superstar just vor seiner letzten Chance auf Einzelgold den Medienvertretern in Sotschi brühwarm einen internen Konflikt in die Notizblöcke zauberte. Prompt gab es ein Rauschen im Blätterwald, gegen das ein Föhnsturm am Bergisel ein sanftes Aufwinderl ist. "Superadler rupfen sich selbst" und "Schlierensauer" wurde da etwas ungelenk getitelt. Worum geht es eigentlich? Schlierenzauer beklagte öffentlich, dass sein privater Sprungtrainer und Vertrauensmann Markus Maurberger nicht nach Sotschi reisen durfte, er also keine Sonderbehandlung als Superstar bekam. So weit, so harmlos. Wenn so etwas allerdings im seit Jahren im Höhenflug befindlichen Adler-Team just zum Saisonhöhepunkt gesagt wird, ist die Harmonie dahin. Zumal damit indirekt der erfolgreichste Teamchef der Skisprung-Geschichte, nämlich Alexander Pointner, desavouiert wird; denn diese Variante sei lange im Voraus abgemacht gewesen. Aber wirklich irritiert folgender Satz, mit dem Schlierenzauer zitiert wurde: "Die Trainer müssen sich Gedanken machen, warum es bei mir im Moment nicht funktioniert." Hier verliert offenbar ein an sich großer Sportler, der menschlich mit 24Jahren aber wohl noch nicht ganz ausgereift ist, in einem hartnäckigen Formtief vollends die Nerven. In der Tat wird hier ein Wintersport-Tabu gebrochen: Wenn es läuft (wie zuletzt fast immer bei den Springern), sind alle happy; wenn nicht, wird gemeinsam alles darangesetzt, dass derjenige wieder zurückkommt (was auch häufig gelingt). Aber ganz unverhohlen den Trainern die Schuld für eine Formkrise in die Schuhe zu schieben, das ist - gelinde gesagt - ein starkes Stück. Vielleicht war es der verzweifelte Versuch, mit dieser Aktion fünf vor zwölf alle wachzurütteln, um doch noch zum Erfolg zu springen. Wenn nicht, wird die Stimmung im Adler-Horst endgültig vergiftet sein - und das ausgerechnet vor dem Team-Springen am Montag. Spätestens dann braucht es echten Teamgeist.