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Sichere Arzneimittel

Von Wolfgang Kappler

Wissen

Auch nach der Zulassung müssen Medikamente weiter geprüft werden. | Die Medizinische Biometrie ist nicht mehr wegzudenken. | Homburg. "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker." Ein solcher Hinweis bedeutet zweierlei: Das Medikament kann, muss aber nicht wirksam sein, und es kann Nebenwirkungen hervorrufen oder auch nicht. In der Regel wird es wahrscheinlich helfen und wahrscheinlich braucht man sich um Übelkeit, Kopfschmerzen, Atemnot u. ä. keine großen Gedanken zu machen. Dennoch müssen die Arzneimittelhersteller schon alleine wegen haftungsrechtlicher Konsequenzen mit dem Schlimmsten rechnen.


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Wirkung und mehr

Bei der Entwicklung neuer Behandlungen geht es demnach um das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten, um Mathematik also, und um die Frage, ob eine Therapie die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Womit wir beim Thema Arzneimittelsicherheit wären. "Sie umfasst sowohl die Gewissheit einer erwünschten Wirkung als auch die Vermeidung unerwünschter Wirkungen", umreißt Privatdozent Stefan Gräber, Arzt und Mathematiker am Homburger Universitäts-Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Medizinische Informatik, die Anforderungen aus Sicht der Patienten. Das bedeutet, dass auch nach der Zulassung die Wirksamkeit sowie das Auftreten und die Ursache von unerwünschten Wirkungen unter Praxisbedingungen ständig geprüft werden müssen. Gräber: "Der Nutzen eines Medikaments muss kontinuierlich mit seinen Risiken verglichen werden." Dies können nur qualitativ hochwertige Studien leisten. Die Beweiskraft und damit die Zuverlässigkeit der Ergebnisse solcher Studien hängt von ihrer Planung, ihrem Aufbau und ihrer Durchführung ab.

Abbildung von Zufälligkeiten

In diesem Problemfeld bietet die Medizinische Biometrie ihre wissenschaftlichen Methoden an, mit denen sich die Güte beabsichtigter Therapien beurteilen lässt, um sie so für die Patienten zu verbessern. "Die Biometrie befasst sich mit der mathematischen Beschreibung biologischer und medizinischer Phänomene. Sie bildet die Zufälligkeiten der Natur mathematisch ab", erklärt Prof. Uwe Feldmann, Direktor des genannten Institutes und ergänzt: "Sie stellt Methoden zur Planung, Durchführung und Auswertung klinischer Studien bereit, d. h. Werkzeuge, die es erlauben, zuverlässige Schlussfolgerungen zu ziehen und Entscheidungen zu treffen." Die Bedeutung der Biometrie sei nicht zu unterschätzen. Deshalb finde sich in jedem Studienteam inzwischen ein gesetzlich vorgeschriebener Biometriker, der darüber wacht, ob eine Untersuchung so geplant ist, dass niemand ihr Resultat anzweifeln kann. "Es kommt heute nicht mehr darauf an zu sagen, ich habe das beste Medikament. Wichtiger ist der Nachweis über das beste Verfahren, das die Ergebnisse hieb- und stichfest macht", sagt Feldmann.

Fragen der Sicherheit von Medikamenten wurden in den letzten Jahren in der medizinischen Fachwelt und in der Öffentlichkeit mehrfach und intensiv diskutiert. Immer wieder versprechen neue Arzneien innovativ zu sein und Heilung zu bringen.

Am Beispiel Rheuma-Medikamente

So war dies auch bei den entzündungshemmenden Medikamente vom Typ COX-2-Hemmer, die besonders bei Rheuma Linderung versprachen. Doch auch hier zeigte sich, wie wertvoll die Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Biometrikern ist. Jenseits eines als subjektiv erlebten Heilungserfolges zeigten statistische Untersuchungen bei mehreren Medikamenten ein deutliches Risiko für eine Herz-Kreislauf-Schädigung bei fortwährender Einnahme. Daraufhin wurden vor wenigen Monaten mehrere Präparate (z.B. Rofecoxib und Celecoxib) vom Markt genommen.