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Sichere Drittstaaten sind fixiert

Von Martyna Czarnowska

Politik

Der Ministerrat hat das neue Asylgesetz beschlossen. Einige Bedenken, die Menschenrechtsorganisationen sowie der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt im Rahmen der Begutachtungsfrist geäußert haben, hat das Innenministerium im jetzigen Entwurf berücksichtigt. So soll die "Sicherheit von Drittstaaten" widerlegbar sein. Jener Passus, wonach AsylwerberInnen noch innerhalb von zehn Kilometern auf österreichischem Bundesgebiet zurückgewiesen werden können, fällt. Dennoch ist die Kritik am Entwurf nicht verstummt.


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Für Ernst Strasser zählt die Effizienz. "Wo es um Schutz geht, ist das Gesetz wirkungsvoller; wo es um Missbrauch geht, ist das Gesetz konsequenter", lobte der Innenminister gestern den Entwurf für ein neues Asylgesetz. So sollen denn auch die Verfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Zu diesem Zweck werden Erstaufnahmestellen - von einer in Traiskirchen ist die Rede - eingerichtet, in denen innerhalb von 48 bis 72 Stunden zu klären ist, ob Asyl gewährt, ein Verfahren eingeleitet oder dieses abgelehnt wird.

Gefallen ist jener Passus, wonach Personen, die innerhalb von zehn Kilometern des Staatsgebiets aufgegriffen werden, zurückzuweisen sind. Damit hat das Innenministerium die Bedenken des Verfassungsdienstes berücksichtigt - "wenn auch nicht inhaltlich geteilt", wie Strasser hinzufügte.

Geblieben ist es bei der Festlegung einer Liste von sicheren Herkunfts- und Drittstaaten. Zu letzteren gehören die künftigen 25 EU-Staaten, Norwegen, Island, Schweiz und Liechtenstein. Wer über diese Länder nach Österreich einreist, wird dorthin zurückgeschickt. Mit dem Hinweis, dass er dort ein faires Asylverfahren bekommen könne.

Diese "ausnahmslose Zurückweisung an der österreichischen Grenze ist eines Unterzeichnerstaates der Genfer Flüchtlingskonvention nicht würdig", kommentiert Roland Schönbauer vom UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR). Daher sollte jeder Fall einzeln geprüft werden.

Diese Möglichkeit ist zwar im neuen Gesetz festgelegt - allerdings nur, wenn ein Asylwerber sich bereits in Österreich befindet. Wie dieser ins Land gelangen solle, wenn er an der Grenze abgewiesen wird, beantwortete Strasser knapp: "Es gibt Wege, nach Österreich zu kommen."

Eine der umstrittensten Regelungen ist unverändert geblieben: das so genannte Neuerungsverbot, das das Vorbringen neuer Fakten in der Berufungsinstanz verhindert. Aber nur wenn der Asylwerber dies selbst verschulde, betont das Innenministerium. Das Verbot gelte nicht, wenn etwa Verfahrensmängel sichtbar werden oder neue Beweise auftauchen. Ebenso wenig ist es auf Traumatisierte oder Folteropfer anzuwenden.

"Das Problem ist aber: Erkennen", meint Erwin Felzmann, Vorsitzender des Menschenrechtsbeirats. Nicht immer ist auf den ersten Blick zu sehen, was Menschen durchgemacht haben. Es werde nichtsdestotrotz davon ausgegangen, dass Aussagen bei der Erstaufnahme die verlässlichsten seien. Die Bedenken des Menschenrechtsbeirats zum Neuerungsverbot bleiben aufrecht - wenn damit die zweite Instanz so gut wie abgeschafft würde.

Der Opposition gehen die Entschärfungen im Entwurf nicht weit genug. Ähnlich äußerten sich Caritas, SOS Mitmensch und amnesty international. Das Gesetz beschleunige keine Verfahren, sondern schließe viele Flüchtlinge von vornherein davon aus, stellte Diakonie-Direktor Michael Chalupka fest.