Die Abfertigung neu gibt es 20 Jahre, doch viel hat die Veranlagung des eingezahlten Geldes bisher nicht gebracht.
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Vor mehr als 20 Jahren hat Österreich sein Abfertigungssystem reformiert. Seither gilt die Abfertigung neu. Ihre gesetzlichen Regelungen betreffen all jene Arbeitsverhältnisse, die nach dem 31. Dezember 2002 eingegangen wurden. Der große Unterschied zur Abfertigung alt: Im Fall einer Selbstkündigung geht der Anspruch auf Abfertigung, der nun bereits ab dem zweiten Monat (statt nach drei Jahren) besteht, nicht verloren. Denn bei einem Jobwechsel kann die Abfertigung nach dem Rucksack-Prinzip in den neuen Betrieb mitgenommen werden.
Die Abfertigung neu, die im Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geregelt ist, geht auf die schwarz-blaue Regierung unter Wolfgang Schüssel zurück. Seit ihrer Einführung mit 1. Jänner 2003 hat die Zahl der Anwartschaftsberechtigten deutlich zugenommen. Sie lag zuletzt bei rund 10,5 Millionen (inklusive Mehrfachanwartschaften). Wie aus einem aktuellen Branchenbericht der Finanzmarktaufsicht (FMA) über die acht Betrieblichen Vorsorgekassen in Österreich weiter hervorgeht, belief sich das Anwartschaftsvermögen, das diese verwalten, per Ende 2022 auf insgesamt 16,6 Milliarden Euro. Den Angaben der FMA zufolge betrug das durchschnittliche Vermögen einer Anwartschaft 1.579 Euro.
Bei der Abfertigung neu zahlt der Arbeitgeber 1,53 Prozent des monatlichen Brutto-Entgelts (einschließlich Sonderzahlungen) laufend in eine Betriebliche Vorsorgekasse (BVK) seiner Wahl ein. Diese Abfertigungsbeträge werden dann von der jeweiligen BVK am Kapitalmarkt veranlagt.
6-Prozent-Ziel nie erreicht
Ursprünglich waren die Erwartungen der einstigen Schüssel-Regierung für die Veranlagungsperformance im Rahmen der Abfertigung neu mit einem jährlichen Plus von 6 Prozent ziemlich hoch gesteckt. Doch das war zu hoch, wie die vergangenen 20 Jahre zeigen, in denen dieser Zielwert selbst in Zeiten boomender Börsen nie erreicht werden konnte.
Im Schnitt erzielten die Kassen in den beiden Dekaden lediglich ein annualisiertes Veranlagungsergebnis von plus 1,98 Prozent, wie eine Anfrage der "Wiener Zeitung" bei der FMA ergab. Bezogen auf die vergangenen zehn Jahre, in denen ein lang anhaltendes Zinstief herrschte, war es gar nur ein durchschnittliches Plus von jährlich 1,31 Prozent. Ein negativer Ausreißer, der den Schnitt besonders gedrückt hat, war dabei vor allem das Jahr 2022 mit einem Minus von 7,73 Prozent - bedingt durch die schwache Performance bei Anleihen und Aktien infolge des Ukraine-Krieges, der Zinswende sowie aufkeimender Rezessionsängste.
Dass die bisherigen Renditen langfristig betrachtet nur bescheiden ausfielen und teilweise kaum besser waren als bei länger gebundenen Spareinlagen, hat bei der Abfertigung neu freilich viel mit einem gesetzlich verankerten Sicherheitsdenken zu tun. "Es gilt, das eingezahlte Kapital zu sichern. Deshalb gibt es eine Kapitalgarantie, die vorgeschrieben ist", sagt FMA-Sprecher Klaus Grubelnik.
Die Vorsorgekassen sind per Gesetz verpflichtet, die Garantie darzustellen (über spezielle Absicherungsgeschäfte). Egal wie sich die Finanzmärkte entwickeln: Bei einer Auszahlung der Abfertigung soll der Arbeitnehmer in jedem Fall 100 Prozent des eingezahlten Kapitals bekommen. Da die Garantie Geld kostet, schmälert das jedoch die Veranlagungsergebnisse der Kassen - "um circa einen Prozentpunkt", wie Andreas Zakostelsky, Vorstandschef der VBV-Vorsorgekasse und Obmann des Fachverbandes der Pensions- und Vorsorgekassen, erklärt.
Umsichtige Anlagepolitik
Da die Auszahlungserfordernisse von den Entwicklungen am Arbeitsmarkt abhängig sind und dem entsprechend schwanken, muss aber auch die Anlagepolitik der Vorsorgekassen auf Sicherheit und Liquidität Bedacht nehmen. Die anvertrauten Gelder werden daher vor allem in gut geratete Staatsanleihen investiert.
Der FMA zufolge entfiel auf Anleihen 2022 im Schnitt ein Anteil von 61,6 Prozent. Das Problem dabei: Damit die Kassen jederzeit liquide sind, haben diese Bonds meist kurze Laufzeiten, somit aber eine niedrigere Verzinsung. Laut Zakostelsky kostet auch das die Kassen Performance - "mehr als einen Prozentpunkt". Aktien, die als weit riskanter gelten, machten zuletzt hingegen nur 10,4 Prozent des Portfolios aus, Guthaben bei Banken 12,5 Prozent, Immobilien 7,1 Prozent und sonstige Assets den Rest.
In den Genuss einer Abfertigung sind nach der alten Regelung laut Zakostelsky nur 15 bis 20 Prozent der Arbeitnehmer gekommen (bei Selbstkündigung ging der Anspruch verloren), während es bei der Abfertigung neu faktisch 100 Prozent sind. Einen Nachteil hat die Abfertigung neu aber: Sie fällt deutlich geringer aus. Durch die relativ niedrigen Dienstgeberbeiträge und die niedrigen Anlage-Erträge ist die im alten System vorgesehene maximale Summe von einem Jahresbezug (nach 25 Arbeitsjahren) de facto nicht mehr erreichbar.