Zum Hauptinhalt springen

Sicherheit im 21. Jahrhundert

Von Hans Holzinger

Gastkommentare
Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg.

Bei der Volksbefragung sollte es nicht nur um Berufsheer oder Wehrpflicht gehen, sondern auch darum, ob Österreich überhaupt ein Heer braucht.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Zwei Kriegsszenarien sind für die Zukunft denkbar: Militärisch starke Staaten des reichen Nordens sichern sich den Zugang zu Rohstoffen mittels militärischer Gewalt. Alle "Sicherheitsdoktrinen" enthalten mittlerweile das Ziel der Rohstoffsicherung.

Zweitens: Regierungen in Entwicklungs- oder Schwellenländern, die die Wohlstandserwartungen der eigenen Bevölkerung nicht erfüllen können, lenken den Zorn der Massen entweder auf religiöse beziehungsweise ethnische "Konflikte" oder auf einen Außenfeind.

Militaristischer Nationalismus ist aus der Geschichte zur Genüge bekannt. Und wer aufmerksam politische Nachrichten verfolgt, weiß, dass es auch heute zahlreiche fragile Staatenkonstellationen gibt.

Sicherheitspolitik in der Weltgesellschaft des 21. Jahrhunderts erfordert daher insbesondere zweierlei: erstens die drastische Verringerung des Rohstoff- und Energieverbrauchs in den reichen Ländern einschließlich der Einleitung einer globalen solaren Wende, zweitens das ernsthafte Angehen der Überwindung der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich.

Beides kann nicht mit militärischen Mitteln erreicht werden. Vielmehr gilt es alles daranzusetzen, die Militärbudgets weltweit zu reduzieren, was auch bedeutet, Waffengeschäfte einzudämmen.

Nottäte vielmehr eine Art Weltsozialpolitik mit globalen Steuern auf Rüstungsgeschäfte, Finanztransaktionen und CO2-Emissionen, um Negativentwicklungen zumindest zu bremsen und die notwendigen Mittel zu lukrieren, um ökonomische Wachstumsimpulse in jenen Ländern anzustoßen, die diese tatsächlich brauchen.

Wie kann also Österreich zum Frieden im 21. Jahrhundert beitragen? Erstens durch eine ökologische Wende im eigenen Land, die die Abhängigkeit vom Öltropf und Importrohstoffen verringert, und zweitens durch bedeutend stärkere Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit auf internationaler Ebene. Dass Österreich selbst in einen Krieg hineingezogen wird, ist mittlerweile ganz unwahrscheinlich geworden. Es spielt daher interessanterweise als Argument in den aktuellen öffentlichen Debatten vor der Volksbefragung am 20. Jänner über Wehrpflicht versus Berufsheer überhaupt keine Rolle.

So wäre es aufschlussreich gewesen, in der Volksabstimmung als dritte Alternative zu erheben, wie viele Österreicher und Österreicherinnen sich mittlerweile vorstellen könnten, gar kein Heer mehr zu haben - wie etwa Costa Rica. Denn: Der Katastrophenschutz ist bei den Feuerwehren gut aufgehoben. Und dass der Zivildienst, der ja als Alternative zum Militärdienst politisch hart erkämpft wurde, nun als Argument für die Wehrpflicht herhalten muss, ist absurd.

Ein moderner freiwilliger Sozialdienst für junge Männer und Frauen sowie ein auch in gewaltfreier Konfliktbearbeitung und Streitschlichtung ausgebildetes Blauhelme-Peace-Corps wären aus meiner Sicht die zukunftsträchtigste Lösung für das kleine, von keinen aggressiven Feinden umgebene Österreich. Ich werde dies auf meinem Stimmzettel so anmerken.