Replik auf den Gastkommentar von Karl Majcen (2. März 2010).
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der Niedergang des Bundesheeres erfolgt im Gleichklang mit jenem der europäischen Sicherheitspolitik und begann 1990, wobei ihn Verteidigungsminister Werner Fasslabend noch hinauszögerte. In der ÖVP-FPÖ-Koalition gab es dann kein Halten mehr: Herbert Scheibner hatte in der FPÖ von Susanne Riess-Passer wenige Freunde und konnte der Politik Wolfgang Schüssels, Wilhelm Molterers und Karl-Heinz Grassers nichts entgegensetzen. Der Negativhaltung folgten ein inferiorer Verteidigungsminister und die destruktive Zilk-Kommission, mit dem Zweck einer drastischen Verringerung und Verbilligung der Streitkräfte.
Wenn Milizsprecher und Offiziersgesellschaft dies erst jetzt erkennen, liegt ein intellektuelles Problem vor, oder aber sie wollen, weil sie der ÖVP nahe stehen, dieser nicht unterstellen, das Bundesheer über das Budget zu zerstören. Vergessen wir nicht, dass 1955 auch die ÖVP kein Militär wollte - es waren die USA, die darauf bestanden und die komplette Ausrüstung für drei Divisionen übergaben. Und erfolgreich verteidigen konnte man das Land vor 1990 nicht, heute schon gar nicht mit der nicht ausgebildeten Miliz. Damals baute man auf die Nato, in der Angst vor russischen A-Waffen gegen Österreich; aber das ist ein Tabuthema in der verlogenen Politlandschaft und Geschichtsumschreibung dieses Landes.
Vergessen wir nicht die Aussagen diverser Politiker nach 1999: Kein Einsatz des Bundesheeres in Kampfeinsätzen. Wozu dann eine Armee? Viele Militärs vertrauten mit unglaublicher Naivität immer wieder der Politik, auch deren Budgetversprechungen. Immer wieder lieferte die militärische Führung vorauseilend der Politik die Argumente für eine Selbstbeschädigung: "Es gibt keine Gefahren für Österreich." Gut, dann erfüllen wir nur noch "Friedensaufgaben", reduzieren Einsatzbereitschaft, Ausbildung und Organisation. Damit beseitigte man die Aufwuchsfähigkeit, erzeugte ein "Bundesheer light" für schwach bewaffnete Sozialdienste wie im Tschad (ein sinnloser Einsatz), oder technische Hilfsdienste mit Polizeifunktion im Kosovo. Dann keine Panzer, keine Artillerie, keine Kriegsflugzeuge, keine Fliegerabwehr, keine Landesverteidigung - so Günther Platter und der Bericht "Bundesheer 2010"; dann auch keine 150 Generäle mehr.
Warum bleibt die Herumlügerei bei der Eurofighter-Beschaffung, wie "Sonderfinanzierung" und "300 Prozent Kompensation" in Unkenntnis der Realitäten und Kosten ohne Konsequenz? Am heutigen Zustand der Armee ist nicht Norbert Darabos schuld! Die Milizsprecher übersehen, dass Österreich künftig aus Migranten und Pensionisten bestehen wird und gerade am Staatsbankrott vorbeischrammt.
Libyen hat (noch) keine Fernraketen, daher kann die Schweiz seine Drohungen ignorieren. Wenn der Iran Raketen mit 2500 Kilometern Reichweite und A-Waffen besitzt, ist alles möglich. Daher braucht Europa ein Abwehrsystem. Oder will sich Europa vielleicht gar nicht wehren? Sicherheitspolitik und Verteidigung kosten etwas, oder es gibt sie nicht mehr.
Friedrich Korkisch ist Leiter des Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.