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Sicherheitsrisiko Ostafrika

Von Klaus Huhold

Politik

Obama besucht Äthiopien. Die USA brauchen das Land im Anti-Terror-Kampf und als stabilen Anker in einer Region, die Terror und Bürgerkriege destabilisieren.


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Addis Abeba/Wien. 546 Sitze wurden diesmal bei der Parlamentswahl in Äthiopien vergeben. 546 davon gewann vor zwei Monaten die Regierungskoalition von Premier Hailemariam Desalegn. Die Opposition hat bei diesem Votum ihren letzten verbliebenen Sitz verloren. Das ist bezeichnend für ein Land, in dem Oppositionspolitiker und regierungskritische Journalisten eingeschüchtert und verhaftet werden.

Die Regierung rechtfertigt dies gerne damit, dass ihre Priorität nicht die Neugestaltung politischer Gepflogenheiten sei, sondern der wirtschaftliche Aufschwung. Und tatsächlich: Zwar zählt Äthiopien noch immer zu den ärmsten Ländern der Welt. Doch der Staat, der in den 1980er Jahren vor allem wegen seiner Hungerkrisen Aufmerksamkeit bekam, hat heute zweistellige Wachstumsraten vorzuweisen. Äthiopien macht gerade einen Modernisierungsschub durch. In der Hauptstadt Addis Abeba werden die Schienen für eine Stadtbahn gelegt, deren Züge bis zu 80 km/h fahren sollen. Durchgeführt wird das Projekt hauptsächlich von chinesischen Firmen.

Diese zwei Gesichter Äthiopiens zeigen, in welchem Spannungsfeld sich Barack Obama während seiner Afrika-Reise bewegt. Der US-Präsident, der am Wochenende mit Kenia die Heimat seines verstorbenen Vaters besucht hatte, landete am Montag in Addis Abeba. Liberale Medien und Menschenrechtsgruppen in seiner Heimat fordern, dass Obama klare Worte zu demokratiepolitischen Defiziten findet. Gleichzeitig muss er sich darum bemühen, dass die USA wirtschaftlich nicht zu viel Terrain an China verlieren, dessen Investitionen in Afrika die der USA weit übersteigen. Obama ist zudem überzeugt, dass es gerade Handel und Investition braucht, um die Armut in Afrika zu lindern.

Obama begleiten somit auch Dutzende Manager aus den USA. Der Präsident lobte nach einem Treffen mit Premier Desalegn, dass Millionen Menschen aus der Armut geholt wurden, versprach den Äthiopiern, dass die USA auf ihrer Seite stehen, wenn sie ihr Land weiterentwickeln, und mahnte die Regierung, dass es ihre Agenda nur stärken würde, wenn sie der Opposition mehr Raum geben würde.

Dezente Kritik

Das war eine dezente Kritik, realpolitisch brauchen die USA und Äthiopien auch einander. Äthiopien ist für die USA ein Anker der Stabilität in einer unsicheren Region und ein wichtiger Verbündeter im Anti-Terror-Kampf. Das Land wird von der aus Somalia stammenden islamistischen Al-Shabaab-Miliz bedroht, die auch die USA lieber heute als morgen besiegen würden. Der Kampf gegen Al-Shabaab wird auch eines der Hauptthemen des heute, Dienstag, stattfindenden Besuchs Obamas bei der Afrikanischen Union (AU) sein, die ihren Sitz in Addis Abeba hat.

In Somalia, wo Truppen der AU stationiert sind, konnte die Al-Shabaab zuletzt aus Gebieten, die sie kontrolliert hatte, vertrieben werden. Viele afrikanische Politiker wollen aber mehr Unterstützung von den USA, sei es durch Gelder, sei es militärisch, etwa durch Drohnenangriffe. Zudem wird darüber beraten werden, wie zumindest ein wenig politische Stabilität in Somalia hergestellt werden kann. Denn viele Gebiete in dem Bürgerkriegsland werden von Warlords oder islamistischen Milizen beherrscht, sind damit ein idealer Rückzugsort für Terroristen und Waffenschmuggler. Das hat globale Auswirkungen: Über das Rote Meer landen Waffen und Kämpfer schnell im Jemen, wo der Islamische Staat (IS) immer mehr erstarkt.

Vor einem ähnlichen Problem steht man nun im Südsudan: Auch dieser droht immer mehr die gesamte Region zu destabilisieren, Präsident Salva Kiir und sein früherer Vize Riek Machar haben das Land mit ihrem Machtkampf in den Bürgerkrieg getrieben. Auch der Südsudan ist Thema bei Obamas Afrikareise, der Präsident droht bereits, den Druck auf Kiir und Machar zu erhöhen - im Gespräch sind gezielte Sanktionen. Die beiden Politiker "kümmern sich nicht um das Wohlergehen der Nation, sondern nur um ihre eigenen Interessen", sagte Obama. "Das muss sich ändern - und zwar jetzt."