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Der FPÖ-Innenminister wirbt um eine Verfassungsänderung für seine Sicherungshaft. Die SPÖ streitet mit sich selbst.
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Wien. Schon ab 1. März wird es keine Asylerstaufnahme-Zentren mehr geben. "Ausreisezentren" sollen die Einrichtungen des Bundes, wie zum Beispiel im niederösterreichischen Traiskirchen, ab dann heißen. Entsprechende vage Pläne hierzu wie auch zur "Sicherungshaft" für gefährliche Asylwerber präsentierte der FPÖ-Innenminister Herbert Kickl am Montagvormittag. Er löst damit nicht nur - zum wiederholten Male - heftige Kritik aus, seine Pläne sorgen vor allem in der SPÖ für gehörige Dissonanzen.
Was plant Kickl konkret? So ganz genau weiß man das im Innenministerium (BMI) bis dato noch nicht. Fest steht, dass aus Sicht des BMI das Europarecht, genauer gesagt die EU-Aufnahmerichtlinie, in gewissen Fällen die Inhaftierung von Asylwerbern ermöglicht. Dort werden sechs mögliche Gründe genannt, wieso man Asylwerber einsperren kann. Einer davon sind Bedrohungen der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit. Und genau darauf will man sich im BMI nun berufen. Welche Tatbestände konkret dafür in Frage kommen, konnte Kickl am Montag nicht nennen. Dem Vorhaben steht aber die österreichische Bundesverfassung, konkret das Recht auf persönliche Freiheit, entgegen. Unter der Ägide von ÖVP-Justizminister Josef Moser - zwischen ihm und dem Innenminister bestehen seit Wochen auch medial ausgetragenen Differenzen - soll der konkrete Gesetzesvorschlag ausgearbeitete werden. Er lade den Justizminister ein, sich "einzubringen", richtete Kickl Moser am Montag aus.
Da für die Verfassungsänderung natürlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, braucht die Regierung für ihre Pläne die Stimmen der SPÖ oder der Neos. Diese sollen "aus dem Schmollwinkel" herauskommen und der Verfassungsänderung, die eine prinzipielle Haft ohne konkreten Tatbestand und Urteil ermöglichen würde, zustimmen.
Neos und SPÖ fordern Klärung
Die Reaktionen in der SPÖ zeigten, zum Teil schon am vergangenen Wochenende, erneut die Spaltung der Sozialdemokraten im von Kickl vorangetriebenen Bereich Asyl und Sicherheit. Zuerst meldet sich Parteichefin Pamela Rendi-Wagner zu Wort. Im ORF-"Report" hatte die SPÖ-Chefin versucht, das Thema zu differenzieren: Man müsse den Anlassfall, den Mord eines türkischen Asylwerbers in Dornbirn an einem Beamten, genau aufklären, eine Untersuchungskommission müsse eingerichtete werden. Weder würden die Fakten zum Fall - ob ein Behördenversagen bezüglich einer möglichen Inhaftierung des späteren Täters vorgelegen sei, oder nicht - am Tisch, noch gebe es eine konkrete Regierungsvorlage. Das Wort von der "Verhandlungsbereitschaft" fiel aber dennoch. Vor Rendi-Wagners Interview im "Report" hatte sich SPÖ-Mann Jörg Leichtfried aber bereits ablehnend gezeigt.
Am vergangenen Sonntag legte schließlich Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann in spe, Hans Peter Doskozil, nach. Sicherungshaft ja, aber nicht nur für Asylwerber, sondern auch für gefährliche Österreicher, sagte Doskozil in der ORF-"Pressestunde". Er spielte damit vor allem auf Sexualverbrecher und die Debatte um Gewalt an Frauen an. Nach Kickls Präsentation am Montag erhielt Doskozil Schützenhilfe von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Ob es Sicherungshaft braucht oder nicht, darüber will sich Ludwig zwar nicht festlegen. Wenn ja, dann aber auch für Österreicher, ist Ludwig fast auf Linie von Doskozil. Eine "Einzelmeinung" sei die Position von Doskozil, bemühte sich Kärntens SPÖ-Landeshauptmann sogleich um Abgrenzung.
"Wir bestehen auf einer unabhängigen, von einem Richter geführten Untersuchungskommission zu Dornbirn. Wenn Behördenversagen im Spiel war, trägt Kickl die Verantwortung", heißt es aus der SPÖ-Zentrale. Die Linie der Bundespartei sei klar: Ohne Kommission keine Diskussion über etwaige gesetzliche Änderungen. Ganz ähnlich die Linie der Neos: Der Fall Dornbirn müsse genau geklärt werden. Eine generelle Zustimmung zur Sicherungshaft gibt es von den Neos demnach nicht.
Innenminister Kickl will zudem eine "freiwillig unterschriebene" Aufenthaltsverpflichtung von Asylwerbern in den Bundesquartieren von 22 bis 6 Uhr. Wer sich aber weigere, der solle an "weniger attraktive" Ort in Österreich verbracht werden.