Exklusiver Zirkel wird immer größer. | Das Erfolgsrezept der österreichischen Legionäre im Ausland. | Jetzt hat es auch Georg Pölzl geschafft: Der frühere Chef von T-Mobile Austria wird Anfang Jänner Vorstandschef von T-Mobile Deutschland und krönt damit im Alter von 51 Jahren seine Karriere. Pölzl, der in den letzten beiden Jahren im Auftrag der Deutschen Telekom als General-Bevollmächtigter ein knallhartes Sparprogramm durchziehen musste, zählt damit zu einem illustren Zirkel rot-weiß-roter Top-Manager, die im Ausland Spitzenjobs bekleiden.
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Der gleichaltrige Siegfried "Sigi" Wolf, der mit rund vier Mio. Euro Jahresgage zu Österreichs erfolgreichsten Schwerverdienern gehört, ist ebenfalls ein gutes Beispiel, wie weit es heimische Manager bringen können: Der gebürtige Steirer fungiert als Co-Chief Executive Officer des kanadischen Autozuliefer-Konzerns Magna (siehe Kasten links unten) . Das vom Austro-Kanadier Frank Stronach gegründete Unternehmen beschäftigt weltweit 77.700 Mitarbeiter und ist mit 242 Produktionsstätten in 25 Ländern präsent.
Pölzl und Wolf, zwei von derzeit rund 450.000 Auslandsösterreichern, die bei rot-weiß-roten Botschaften und Konsulaten erfasst sind, haben internationale Superkarrieren geschafft, von denen die meisten Führungskräfte nur träumen können. Und sie liefern den Nachweis, dass österreichische Spitzenleute sich nicht nur in der Politik (Arnold Schwarzenegger, Kaliforniens Gouverneur), in der Kunst (Franz Welser-Möst, Dirigent), im Showbusiness (Udo Jürgens, Sänger) oder auch im Sport (Thomas Vanek, Eishockey-Crack) jenseits der Alpenrepublik hervorragend durchzusetzen vermögen, sondern längst auch im Wirtschaftsleben.
Rot-Weiß-Rot ist beivielen Konzernen in
Die lange Liste der Top-Manager mit österreichischem Pass, die weltweit in führenden Positionen zu finden sind, reicht von Viktor Klima - der ehemalige Bundeskanzler ist VW-Statthalter in Argentinien und seit 2007 auch Leiter der gesamten VW-Niederlassung in Südamerika - über den gebürtigen Linzer Helmut Sohmen, dem in Hongkong an der Spitze einer der weltweit größten Reedereien eine Traumkarriere gelang, bis zu dem aus Villach stammenden Peter Brabeck-Letmathe, der seit kurzem Chairman des Nestlé-Verwaltungsrats ist, nachdem er den Schweizer Nahrungsmittel-Multi fast elf Jahre als CEO geleitet hat.
In Deutschland gibt es die meisten Österreicher im Top-Management. Einst waren es vielleicht der typische Wiener "Schmäh" und die von einer gewissen Gemütlichkeit geprägte Mentalität, die nicht selten mit einer beachtlichen Härte und Durchsetzungskraft gepaart war, die etwa einem Helmut Thoma (Chef von RTL) oder einem Michael Grabner (Holtzbrinck-Gruppe) führende Positionen gesichert haben. Die Manager-Legionäre aus Österreicher setzten sich aber nicht bloß in der deutschen Medienbranche serienweise durch, sondern auch in vielen anderen Bereichen: Ferdinand Piëch etwa wurde als Audi- und VW-Boss in der Autobranche zu einer Legende, Otto Zich schaffte - ohne allzu viel Japanisch zu beherrschen - den Aufstieg zum Sony-Europa-Chef in Berlin, und der Klagenfurter Helmut Sihler war jahrelang beim Waschmittelriesen Henkel die unangefochtene Nummer eins.
Der Trend, einen Ösi in die Chefetagen zu holen, hat sich in den vergangenen Jahren noch deutlich verstärkt: Der gebürtige Oberösterreicher Wolfgang Mayrhuber lenkt seit fünf Jahren als Vorstandschef die Geschicke der Lufthansa - so erfolgreich, dass er nunmehr auch der AUA Flügel verleihen möchte.
Der aus Kärnten stammende Peter Löscher, der Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch und Japanisch spricht, allerdings lange nicht sonderlich aufgefallen ist, landete zur allgemeinen Überraschung im Chefbüro des Münchner Siemens-Konzerns - dort muss er sich primär als Feuerwehrmann betätigen und beispielsweise 17.000 Jobs abbauen.
Ex-ORF-General Gerhard Zeiler, der dereinst Psychologie, Soziologie und Pädagogik studiert hatte und später Pressesprecher im Wiener Kanzleramt war, verfügt in Deutschland als Chef der RTL Group ebenfalls über eine beachtliche Reputation. Auch Friedrich Stara (bei Henkel Deutschland), Paul Achleitner (bei der Allianz Versicherung) oder Gerhard Sandler (bei Media-Saturn Deutschland) sind im Nachbarland in oberste Positionen aufgerückt, die ihnen viel Prestige und ansehnliche Gagen sichern (siehe Kasten rechts unten) .
Auch in der Schweiz, wo die Multikulti-Besetzung von Vorstandsposten besonders en vogue ist, haben es etliche Auslandsösterreicher geschafft, an der Spitze von namhaften Konzernen mitzumischen. Bestes Beispiel: Der erst 41-jährige Tiroler Severin Schwan übernahm kürzlich beim Pharma-Riesen Roche die operative Leitung des Konzerns. Er löste den 61-jährigen Franz B. Humer ab, der ebenfalls österreichische Wurzeln hat und sich nun auf das Verwaltungsratspräsidium konzentriert. Schwan, promovierter Jurist, der in Innsbruck, York und Oxford Wirtschaftswissenschaften studiert hat, ist seit 1993 im Roche-Konzern tätig und schaffte in diversen Funktionen, etwa als Leiter der Region Asien/Pazifik, einen blitzartigen Aufstieg.
Sind Österreicher die besseren Top-Manager?
Das mehrschichtige Erfolgsrezept der Austro-Manager, die im Ausland in einer eigenen Liga spielen, zieht sich wie ein gemeinsamer Nenner durch die meisten Biographien: eine exzellente Ausbildung, berufliche Flexibilität und die Bereitschaft, schon in frühen Jahren im Ausland zu jobben, haben ihnen ebenso geholfen wie ihre Grundeinstellung, der beruflichen Karriere zuliebe über Grenzen hinaus zu denken. Dazu kommen zumeist Qualitäten, die mit Herkunft und Mentalität zu tun haben: Top-Manager aus der Alpenrepublik sind - zum Unterschied von deutschen Kollegen - nicht so sehr auf die kompromisslose Umsetzung starrer Programme fixiert, sondern streben zumeist mit hohem Pragmatismus einvernehmliche Lösungen an.
Ihre Qualitäten werden auch deshalb geschätzt, weil sie auf einen unprätentiösen Führungsstil setzen und sich im Geschäftsalltag als geborene Diplomaten erweisen. Sie bringen schließlich, was Karriereforscher wie Wolfgang Mayrhofer von der WU Wien gerne bestätigen, mehr Sensibilität im Umgang mit Kollegen, Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten mit, sind exzellente Teamarbeiter, gute Motivatoren und letztlich auch kluge Taktiker. Statt stets die 100-prozentige Lösung anzupeilen, wie das Deutsche gerne tun, sondiert ein Österreicher lieber zuerst die Lage, sieht eine 80-Prozent-Lösung als machbar an und setzt sie dann rasch durch.
Solche Qualitäten sind jedoch nicht automatisch Erfolgsgarantie: Manchmal funktioniert die Auslandskarriere von Österreichern nämlich gar nicht. Martin Lenz etwa, früher Chef von Quelle Österreich und Rewe Austria, war noch kein halbes Jahr als zunächst bejubelter Chef des Versenders Neckermann im Amt, als dessen Eigentümer das Gefühl beschlich, der Österreicher werde die dringend nötige Sanierung des Unternehmens nicht schaffen. Die Folge: Ende November bat Lenz gemeinsam mit zwei Vorstandskollegen den Aufsichtsrat um Entbindung von seinen Aufgaben.
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