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Tausende Menschen nehmen Abschied von Barbara Prammer.
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Wien. Der Ausnahmezustand ist dem Hohen Haus schon von außen deutlich anzusehen. Die Fahnen hängen auf Halbmast, der Bereich unter dem Pallas-Athene-Brunnen wimmelt von Arbeitern, die die Tribünen für die offizielle Trauerfeier am Samstag aufbauen. Daneben, vom oberen Ende der Rampe bis hinunter zum Ring, wartet eine Menschenschlange auf den Einlass.
Sie wollen sich von Barbara Prammer verabschieden, die Donnerstagfrüh nach acht Jahren an der Spitze des Nationalrats ein letztes Mal ins Parlamentsgebäude zurückgekehrt ist. Um 9 Uhr wurde der Sarg mit der am Samstag an Krebs verstorbenen Präsidentin in der Säulenhalle aufgebahrt, dann hatten eine Stunde lang nur die Mitarbeiter des Parlaments die Möglichkeit, Prammer die letzte Ehre zu erweisen. "Es sind hunderte Mitarbeiter, Abgeordnete und Bundesräte gekommen", sagt Parlamentsdirektor Harald Dossi zur "Wiener Zeitung" - viele hätten eigens ihren Urlaub abgebrochen. "Viele rufen auch aus dem Urlaub an und wollen an der Gestaltung der Trauerfeier mitarbeiten", meint er.
"Sie war in meinem Leben immer präsent"
Draußen wird die Schlange mittlerweile immer länger. Der Einlass verzögert sich. Auch Sabine Hofireck und Gerda Matejik sind "tief betroffen" vom dann doch plötzlichen Tod der Nationalratspräsidentin. "Sie war eine großartige Frau, und sie hat viel für Österreich und die Demokratie bewegt", betont Hofireck. Auch Matejik findet nur lobende Worte: "Sie war eine der PolitikerInnen - mit großem ,I‘! -, die mein Herz berührten." Anders als Hofireck hat Matejik Prammer nicht persönlich gekannt, "aber sie war in meinem Leben immer präsent".
Ähnlich geht es Peter Arnezeder aus Pram, nur eine halbe Autostunde von Prammers Heimatort Ottnang am Hausruck entfernt. Auch er hat sie nicht persönlich gekannt, aber es ist ihm ein Anliegen, seinen Wien-Urlaub auch für einen Besuch an ihrem Sarg zu nutzen. "Sie war eine ganz natürliche Frau, nicht größenwahnsinnig, sie hat für alle Menschen sehr gekämpft." Er kenne keine zweite Politikerin von Prammers Format: "Sie war die einzige Politikerin in Wien, die ich geschätzt habe, sie war die zweite nach Kreisky", sagt er.
Auch Familie Altmann hat die Verstorbene sehr geschätzt. Heinz Altmann, Vizebürgermeister außer Dienst aus Langenlois, ist mit seiner Frau Ingrid und seinem Enkel Gregor eigens aus Niederösterreich angereist. "Sie konnte von den großen Regierungsmitgliedern bis zu den kleinsten Arbeitnehmern mit jedem reden", sagt Altmann. Seine Frau ergänzt: "Sie war eine große Frauenpolitikerin und ein Vorbild für die Jugend." Bei Gregor hat Prammer Eindruck hinterlassen, als sie bei einem Besuch in der von ihr gegründeten Demokratiewerkstatt jedem Teilnehmer persönlich die Hand schüttelte.
Mit 15-minütiger Verspätung geht das Tor, das normalerweise den Staatsgästen vorbehalten ist, auf. Vor dem Eingang, bewacht von Gardesoldaten, liegen noch die Blumengrüße der vergangenen Tage. Über einen schwarzen Teppich gelangen die Menschen zum Sarg der Nationalratspräsidentin, neben dem Fahnenträger der Sozialistischen Jugend Ehrenwache halten. Rundherum die Kränze des Bundespräsidenten und der Nationalratsklubs. Ein Kranz aus weißen Rosen der Familie liegt dem Sarg zu Füßen. Viele Besucher kämpfen mit den Tränen, als sie vorbeigehen. So auch Bruno Bittmann: "Ich verehre diese Frau sehr, sie war ein absolut idealer Mensch", sagt er. Es sind Wort wie diese, die viele Menschen nach ihrer letzten Ehrenbezeugung noch in eines der Kondolenzbücher im Besucherzentrum eintragen. Die Bücher werden der Familie übergeben.
Auch heute hat man von 10 bis 17 Uhr Gelegenheit, von der Präsidentin Abschied zu nehmen. Am Samstag beginnt die Trauerfeier um 10.30 Uhr (ORF2 überträgt ab 10.15 Uhr) vor dem Parlament. Weil sich Prammer stets für die Öffnung des Parlaments starkgemacht hat, soll der Bevölkerung auch die Teilnahme an ihrem Abschied ermöglicht werden.
600 Ehrengäste bei der Trauerfeier erwartet
Für die Zeremonie wird der Sarg vor dem Pallas-Athene-Brunnen auf ein überdachtes Podest getragen. Neben tausenden Menschen aus der Bevölkerung werden 600 Ehrengäste - vom Bundespräsidenten, den Regierungsmitgliedern, Parlamentariern, Vertretern der Glaubensgemeinschaften bis zu Gästen aus dem Ausland - zu der Trauerfeier erwartet.
Gedenkreden werden umrahmt von musikalischen Beiträgen durch Harri Stojka und Timna Brauer mit Band. Zum Abschluss ergreifen Bundeskanzler Werner Faymann und Bundespräsident Heinz Fischer das Wort. Unter der Musik der Bundeshymne wird der Sarg abgetragen. Verabschiedet vom Parlament wird die Nationalratspräsidentin durch den Zapfenstreich vom Balkon ihres Büros aus, gespielt von einem Solotrompeter der Militärmusik. Dann wird der Sarg im Glaswagen zum Wiener Zentralfriedhof gebracht, wo die Einäscherung erfolgt.