So schwer kann es nicht sein, ein anständiger Politiker zu sein. Schließlich gilt es, nur sieben Gebote einzuhalten.
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Dieser Tage ist - man ist versucht zu sagen: wieder einmal - viel von der moralischen Verkommenheit mancher hiesiger Politiker zu lesen und zu hören. Das färbt natürlich ab - auf den Rest der Politiker-Schar, getreu dem zugegeben etwas archaischen, aber lebensnahen Motto "mitgefangen, mitgehangen".
Im Gegensatz zur landläufigen, durchaus auch breit veröffentlichten Meinung, steht Österreich jedoch keineswegs alleine da mit diesem Problem. Die Politiker in aller Herren Länder weigern sich beharrlich, bessere Menschen als die von ihnen Vertretenen zu sein. Diesbezüglich haben sie ihr Ohr ausnahmsweise ganz, ganz nah am Volk.
Dass man sich als Politiker nicht unbedingt den durchschnittlichen heimischen Schlawiner zum moralischen Vorbild erwählen muss, zeigen die Briten vor. Die Politiker des Inselvolks verfügen schon seit mehr als zehn Jahren über einen eigenen Code of Conduct, einen Verhaltenskodex für öffentliche Amtsträger.
Das hat die Damen und Herren Members of Parliament zwar auch nicht davon abgehalten, die Möglichkeit der Spesenrückvergütung auf gewagt umfassende Weise zu interpretieren (und sich etwa die Kosten für die Reinigung des Privatpools refundieren zu lassen), aber immerhin hatten sie ein Blatt Papier darüber zur Hand, welches Verhalten denn angemessener gewesen wäre.
Dieser "Code of Conduct" umfasst sieben Punkte (und kann auf der Homepage des Instituts für Parlamentarismus www.parlamentarismus.at eingesehen werden):
* Selbstlosigkeit - Entscheidungen sollen allein im öffentlichen Interesse getroffen werden;
* Integrität - Amtsträger sollen frei von Interessen Dritten gegenüber sein;
* Objektivität - Politiker sollen nach sachlichen Kriterien entscheiden;
* Wahrnehmung der Verantwortung - Politiker sollen Subjekte öffentlicher Beurteilung sein, ihre Entscheidungen nachvollziehbar treffen und bei Fehlverhalten die entsprechenden Konsequenzen ziehen;
* Offenheit und Transparenz - Politiker sollen ihre Entscheidungen begründen und möglichst sämtliche Informationen erteilen;
* Ehrlichkeit - Politiker sollen ihre privaten Interessen in Bezug auf ihre Verpflichtungen offen darlegen und Konflikte im öffentlichen Interesse lösen;
* Führungsqualität bei allen Entscheidungen.
Diese sieben Gebote für Politiker klingen irgendwie recht einleuchtend und naheliegend. Man sollte sie vielleicht in Parlament und Ministerien öffentlich aushängen.
Dass es ungebührlich hart wäre, sie einzuhalten, kann auch niemand ernsthaft behaupten. Schließlich umfasst der Kodex für Gemeinsterbliche gleich zehn Gebote - drei mehr als für Politiker; und dort finden sich Hürden von ganz anderer Verführungsmacht - von wegen "du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau" ...